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Vitalstoffe 1/2022

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Vitalstoffe ist die erste Zeitschrift in deutscher Sprache, die sich zum Ziel setzt, umfassend über die Roh- und Wirkstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln sowie über deren Darreichungsformen zu berichten. Im Mittelpunkt stehen die Produktion und Mischung von Rohstoffen und deren Wirkung auf die menschliche Gesundheit. Wissenschaftlich fundierte Informationen und Studien bieten die Möglichkeit der Aufklärung, die durch die Health Claims Verordnung immer schwieriger geworden ist. Leser sind Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln, Vermarkter, Lohnhersteller und Rohstoffhersteller bis hin zum Point of Sales sowie Ärzte, Ernährungsspezialisten und Apotheker.

V italstoffe Edmund

V italstoffe Edmund Schmidt, Nathalie Schmidt Vitamin D – ist es wirklich so wichtig? Man könnte die Frage in der Überschrift mit einem einfachen „Ja“ beantworten und zu anderen Themen übergehen. Aber die Verunsicherung zum Thema Vitamin D in der Presse und vor allem in den sozialen Medien ist groß. Mal wird von Vitamin D als Mittel gegen nahezu alle Krankheiten geschrieben und mal wird es als sinnlose Geschäftemacherei mit hohem Risikopotential abgetan. Ursache dieser Verwirrung ist die hohe biochemische Komplexität des Vitamin D. Denn Vitamin D ist nicht im Wortsinn ein relativ einfach zu erklärendes Vitamin – also ein vitales Amin, sondern ein sogenanntes Prähormon, demnach eine Hormonvorstufe. Bei der Entdeckung des Vitamin D im Jahr 1922 konnten die Forscher – Hormone waren noch nicht bekannt – das nicht wissen und glaubten, ein neues Vitamin entdeckt zu haben. Da die Buchstaben A bis C belegt waren, bekam das angeblich neue Vitamin den Buchstaben D angehängt. Im Folgenden möchten wir das wichtigste zum Vitamin D für den medizinischen Alltag zusammenfassen, um die in der Überschrift gestellte Frage zu beantworten. Secosteroid-Verbindungen mit antirachitischer Wirkung werden unter dem Oberbegriff Vitamin D zusammengefasst. Medizinisch von Bedeutung sind Vitamin D2, Vitamin D3 sowie die Provitamine Ergosterol, Ergosterin und verschiedene biologisch ebenfalls aktive Metaboliten. Es bestehen wesentliche Unterschiede zwischen Vitamin D3 und dem Metaboliten 1,25-Dihydroxycholecalciferol. Dennoch ist der Begriff Vitamin D3 aus dem heutigen Sprachgebrauch nicht mehr wegzudenken und wird deshalb beibehalten. Wie alle Steroide enthalten Vitamin D2 und D3 strukturell das typische Ringsystem von Cholesterol. Vitamin D2 ist baugleich mit Vitamin D3, abgesehen von einer zusätzlichen Doppelbindung in der Seitenkette zwischen C22 und C23. Folgende Tabelle gibt einen Überblick: Tab. 2.2-10 Medizinisch relevante Formen des Vitamin D und ihre verschiedenen Bezeichnungen, Bildung von Calcitriol Ergosterol oder Ergosterin (Pflanzen, Pilze, Hefe) Vitamin D2, Ergocalciferol, Ercalciol Präcalciferol Calcitriol, 1,25-Hydoxy-Vitamin D3, 1,25-Dihydroxy-Cholecalciferol, 1,25(OH)2D3, aktives Vitamin D- Hormon 7-Dehydrocholesterol Vitamin D3, Cholecalciferol, Calciol Calcidiol, 25-Hydroxy-Cholecalciferol, 25(OH)D3 Calcitriol, 1,25-Hydoxy-Vitamin D3, 1,25-Dihydroxy-Cholecalciferol, 1,25(OH)2D3, aktives Vitamin D- Hormon >30 weitere Metabolite, Funktion unbekannt Das Ergosterin (Mykosterin), das ebenso als Ergosterol bezeichnet wird, kommt in den Zellmembranen von Pilzen, Flechten, Hefe und niederen Pflanzen vor. Es wirkt ähnlich dem Cholesterin im tierischen und menschlichen Organismus und dient der Membranstabilisierung. Es handelt sich dabei um eine Vorstufe des Vitamin D2 (Ergocalciferol), in das es durch Sonnenlicht (UV-Strahlung) photochemisch u mgewandelt werden kann. Das 7-Dehydrocholesterol ist ein Sterin, aus dem Cholesterin und Cholecalciferol gebildet wird. Es wird vor allem in der Leber und Darmmukosa synthetisiert, und in der Haut wird das Ringsystem des Provitamins durch UV-B-Strahlen gesprengt (Photolyse), so dass Cholecalciferol (Vitamin D3) entsteht. Pflanzliche Lebensmittel enthalten meist nur das ProVitamin Ergosterol, die Vorstufe von Vitamin D2. 26

Vitamine Durch das Enzym 7-Dehydrocholesterol-Reduktase wird aus dem 7-Dehydrocholesterol das Cholesterin gebildet, das eine wichtige Ausgangssubstanz für Steroidhormone und Gallensäuren ist. Praxistipp: Mehr als 70% des täglichen Vitamin-D- Bedarfs werden aus der Eigensynthese in der Haut gedeckt. Die dermale Vitamin-D-Synthese hängt von verschiedenen Faktoren ab: • Jahreszeit • Breitengrad • UV-B-Index (mindestens 3 erforderlich) • Sonnenintensität, Bewölkung, Luftverschmutzung • Aufenthalt im Sonnenlicht, Winkel der Sonnenbestrahlung • Kleidung • Hautfarbe • Hauterkrankungen, Verbrennungen • Alter • Verwendung von Cremes mit Lichtschutzfaktor Möglichkeiten der Bedarfsdeckung • Exogene Zufuhr: Für den Menschen verwertbare Vorstufen (Ergosterol) sind die Vitaminformen (D2 und D3), sie werden über die Nahrung zugeführt. Vitamin D3 findet sich in tierischen Lebensmitteln (Fisch, Eigelb, Milchprodukte, Leber), pflanzliche Lebensmittel (Pilze, Hefe) enthalten oft nur das Ergosterol, die Vorstufe von Vitamin D2. Allerdings reicht die Nahrung allein bei weitem nicht zur Bedarfsdeckung aus. • Endogene Synthese von Vitamin D3: Das ProVitamin 7-Dehydrocholesterol, das beim Menschen im Rahmen der Cholesterolsynthese in Darmschleimhaut und Leber entsteht, kann durch Photo- und Thermoisomerisierung unter dem Einfluss von Sonnenlicht in Vitamin D3 u mgewandelt werden. Dieser Vorgang deckt über 70% des täglichen Vitamin-D- Bedarfs und findet in der Haut statt. Cholesterinsenker blockieren so die Vitamin-D-Bildung teilweise massiv. Patienten/-innen die Cholesterinsenker einnehmen, haben fast immer auch einen manifesten Vitamin-D-Mangel. • Nahrungsergänzungsmittel: Vitamin D3 und Vitamin D2 können ergänzend zugeführt werden. Die Umwandlung von Vitamin D3 in das aktive Vitamin-D-Hormon Calcitriol findet durch zweifache Hydroxylierung statt (Einfügen von OH-Gruppen). Die erste Hydroxylierung erfolgt in der Leber, zum geringen Teil auch in Niere und Darm, durch das Enzym 25-Hydroxylase. Die zweite Hydroxylierung findet in den Mitochondrien des proximalen Nierentubulus (Nierenkanälchen) statt. Das metabolisch aktive Hormon gelangt nun zu den Zielorganen (Knochen, Dünndarm, Niere und Nebenschilddrüse), um dort seine Wirkungen zu entfalten. Praxistipp: Die Steuerung des endokrinen Wegs von Vitamin D ist vor allem abhängig vom Kalziumserumspiegel im Blut, der konstant in einem engen Bereich gehalten wird (2,25 – 2,75 mmol/l) (siehe 2.5.3 Kalzium-Verteilung). Das Kalzium spielt im Organismus bei vielen lebenswichtigen Funktionen eine wichtige Rolle, daher ist die Aufrechterhaltung der extrazellulären ionisierten, freien Kalzium-Konzentration wesentlich für die körperliche Gesundheit. Dabei hat das ionisierte, freie Kalzium im Serum immer Priorität gegenüber den Kalziumkompartimenten in Knochen, Dünndarm, Niere und steht mit diesen in wechselseitiger Beziehung. Der endokrine Vitamin-D-Weg ist abhängig vom Kalziumwert im Blut und hat Einfluss auf die Knochengesundheit. Die anderen über 2.000 genabhängigen Funktionen von Vitamin D folgen dem autokrinen oder parakrinen Weg. Weitere Regulationspartner sind das Phosphat und das Parathormon der Nebenschilddrüse. Vitamin D steuert die Aufnahme von Kalzium (niedrige und normale Dosierung) aus der Nahrung, sowie von Phosphat und Magnesium im Darmtrakt. Das 25-OH-D3 im Blut ist fast ausschließlich an Vitamin-D-Transportmoleküle (VDBP) gebunden und kann in dieser Form nicht in die Zellen diffundieren. Nur die etwa 0,003%, die in freier Form vorliegen, können als Ausgangsstoff für die Umwandlung innerhalb der Zelle fungieren und durch das Enzym 1-α-Hydroxylase in den Körperzellen (Kolon, Prostata, Brust, Immunsystem) selbst in die aktive Vitamin- D-Form u mgewandelt werden. Diese geringe Menge an Ausgangssubstanz kann jedoch die autokrine (hormonelle Wirkung auf die absondernde Zelle) und parakrine (hormonelle Wirkung auf die Zellen der unmittelbaren U mgebung) Wirkung von Vitamin D nicht erklären. Praxistipp: Neben dem freien 25-OH-D3 scheint das Vitamin D3 selbst als Ausgangssubstanz für die zelluläre Vitamin-D-Versorgung zu dienen (1). Während das 25-OH-D3 einige Wochen im Blut zirkuliert, reduziert sich der Spiegel von Vitamin D3 bereits nach einem Tag und muss daher täglich garantiert werden. Vitamin-D- Form Vitamin D3 25-OH-D3 Calcitriol; 1,25(OH)2D3 Halbwertszeit 24 Stunden 3 Wochen 1 bis 3 Stunden Tab.1: Halbwertszeit der Vitamin-D-Metabolite (2) Praxistipp: Die zelluläre Vitamin-D-Versorgung ist unabhängig vom 25-OH-D3-Blutspiegel April 2022 27

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