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Vitalstoffe 1/2022

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Vitalstoffe ist die erste Zeitschrift in deutscher Sprache, die sich zum Ziel setzt, umfassend über die Roh- und Wirkstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln sowie über deren Darreichungsformen zu berichten. Im Mittelpunkt stehen die Produktion und Mischung von Rohstoffen und deren Wirkung auf die menschliche Gesundheit. Wissenschaftlich fundierte Informationen und Studien bieten die Möglichkeit der Aufklärung, die durch die Health Claims Verordnung immer schwieriger geworden ist. Leser sind Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln, Vermarkter, Lohnhersteller und Rohstoffhersteller bis hin zum Point of Sales sowie Ärzte, Ernährungsspezialisten und Apotheker.

V italstoffe © Madhouse

V italstoffe © Madhouse Diana Kalustova Darm-Gesundheit 2.0 – die herausragende Rolle des Mikrobioms Superorgan, Superorganismus oder das vergessene Organ – es gibt viele Bezeichnungen für das menschliche Mikrobiom. Und alle zeigen den Stellenwert, den das Mikrobiom bei der Förderung des reibungslosen täglichen Betriebs des menschlichen Körpers einnimmt. Was aber ist das Mikrobiom genau? Und wofür ist es alles gut? Das menschliche Mikrobiom besteht aus Billionen von Mikroorganismen unterschiedlichster Art. Dazu gehören nicht nur Bakterien, sondern auch Pilze, Parasiten und Viren. Viele der Mikroorganismen sind noch nicht identifiziert, Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass es weit mehr als 1.000 verschiedene sind, die auf und in uns leben. Dabei hat jeder Mensch einen eigenen Darmflora- Fingerabdruck, der ursprünglich durch seine DNA (1) bestimmt wird. Aber natürlich gibt es auch Mikroorganismen, die in jedem von uns vorhanden sind. Der Darm nimmt eine Sonderrolle ein. Denn hier ist der mit Abstand größte Teil des menschlichen Mikrobioms lokalisiert. Eine hohe Mikrobendichte trifft dort auf das darmassoziierte lymphatische Gewebe, das die Immunantwort des gesamten Körpers steuert. Die Mikroben sind normalerweise nicht schädlich für uns. Sie sind sogar wesentlich für die Aufrechterhaltung der Gesundheit. So produzieren sie beispielsweise bestimmte Vitamine, spalten unsere Nahrung auf, um Nährstoffe zu gewinnen, lehren unser Immunsystem, gefährliche Eindringlinge zu erkennen, und produzieren hilfreiche entzündungshemmende Verbindungen, die andere krankheitsverursachende Mikroben abwehren. Nicht nur Mediziner und Forscher erkennen die immer größer werdende Bedeutung des Mikrobioms. Auch der Verbraucher sieht im Mikrobiom eine Chance auf Erhaltung und Verbesserung der eigenen Gesundheit. Das Marktforschungsunternehmen Fortune Business Insights prognostiziert, dass der globale Markt für Verdauungsgesundheit bis 2027 mit einer CAGR von 7,9% auf 71,95 Milliarden USD wachsen wird. Es gibt mehrere Faktoren, die dieses Wachstum ankurbeln. Einer davon ist die zunehmende Häufigkeit von Verdauungsstörungen, die mittlerweile bei bis zu 40% der Weltbevölkerung zu beobachten ist. Inzwischen ist es allgemeiner Konsens, dass Veränderungen in der Zusammensetzung unseres Mikrobioms mit zahlreichen Krankheitszuständen zusammenhängen. Das bedeutet auch, dass die Umwandlung und Anreicherung des Mikrobioms nicht nur zur Gesunderhaltung, sondern auch zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden können. Speziell die Darm-Mikrobiota greift entscheidend in den Stoffwechsel, die Reifung des Immunsystems und die Funktion des zentralen Nervensystems ein. Damit wird sie zum Schlüsselorgan, das den ganzen Körper beeinflusst. Darmgesundheit 2.0 geht weit über die Verdauung hinaus. Sie folgt stattdessen einem ganzheitlichen Ansatz für die Gesundheit. Aktuelle Forschungsthemen wie Darm-Immun-Achse, Darm-Hirn-Achse, Darm-Haut-Achse, sowie Darm-Herz- Achse zeigen die fast schon allumfassenden gesundheitlichen Auswirkungen des menschlichen Mikrobioms im Darm. Mit Achsen werden dabei die Verbindungen des Darms zu den einzelnen menschlichen Organen bezeichnet. Es gibt immer mehr Studien, die das unglaubliche Potential des Mikrobioms für die unterschiedlichen Körperfunktionen belegen. Heute weiß man, dass ein gesundes Mikrobiom in direktem Zusammenhang mit der Hautgesundheit steht, da die Haut als multifunktionales Organ viele Mikronährstoffe benötigt, die über den Darm resorbiert aufgenommen 18

Mikrobiom werden. Ein gestörtes Mikrobiom ist häufig eng verbunden mit metabolischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ2 (2). Außerdem reguliert das Mikrobiom die Fitness des Immunsystems (3). Auch gesundes Altern und ein längeres Leben hängen mit dem Mikrobiom zusammen. Eine aktuelle Studie (4) aus den USA zeigte, dass ein hohes Maß an Einzigartigkeit und Vielfalt des Mikrobioms im Zusammenhang mit einer erhöhten Überlebensrate steht. Eine besondere Bedeutung in Studien nimmt die Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse ein. Dabei wird deutlich, dass die Zusammensetzung und der Stoffwechsel des Mikrobioms nicht nur einen wichtigen Einfluss auf psychische Störungen ausüben, sondern auch die Gewichtsregulation steuern. Selbst Fitness und Muskulatur stehen in engem Zusammenhang mit dem Mikrobiom. GUT-BRAIN AXIS GUT MICRO- BIOTA GUT- BRAIN- SKIN AXIS G U T - S K HPA I N BRAIN-SKIN AXIS A X I S PSORIASIS Abb. 1: Die Verbindung zwischen der Darm- Mikrobiota, der HPA-Achse und Psoriasis So konnten schwedische Forscher (5) in Versuchen mit Mäusen herausfinden, dass die Darmbakterien eine starke Auswirkung auf die normale Funktion der Skelettmuskulatur haben. Wesentlich für die Erhaltung und Verbesserung des Gesundheitszustands ist in jedem Fall eine ganzheitliche Betrachtung des Körpers. Neueste wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass ein gut funktionierendes, vielfältiges Mikrobiom die Rolle des zentralen Steuerungsinstruments für viele Bereiche im Körper übernimmt. Präbiotika, Probiotika, Postbiotika und Synbiotika, die Unterstützer des Mikrobioms Wenn etwas so wichtig ist wie das Mikrobiom, sollte man alles tun, um es in guter Form zu erhalten. Dafür gibt es zum Glück eine Reihe von Helfern: Probiotika sind lebensfähige Mikroorganismen, die sich im Darm vermehren und in ausreichender Menge einen gesundheitlichen Nutzen für den Wirt vermitteln. Präbiotika sind nicht verdaubare Lebensmittelbestandteile, die Wachstum und Aktivität der Bakterien im Dickdarm fördern. Außerdem blockieren sie die Bindung von gesundheitsschädlichen Bakterien. Synbiotika sind eine Kombination aus Probiotika und Präbiotika – mit dem Ziel, die Vorteile von beiden synergetisch zu vereinen. Postbiotika sind Nebenprodukte des Fermentierungsprozesses. Es handelt sich dabei um lösliche Faktoren, die von lebenden Bakterien abgesondert oder nach der Lyse freigesetzt werden und dem Wirt physiologische Vorteile bieten. Für viele Forscher war diese Definition aber nicht eindeutig genug. Auf der Suche nach Klarheit darüber, was als Postbiotikum gilt, hat ein Expertengremium der International Scientific Association of Probiotics and Prebiotics (ISAPP) im Jahr 2021 eine neue Definition (6) erarbeitet. Sie beschreiben ein Postbiotikum als eine „Zubereitung aus unbelebten Mikroorganismen und/ oder deren Bestandteilen, die dem Wirt einen gesundheitlichen Nutzen bringt“. Präbiotika – viel mehr als ein Trendprodukt Die Nachfrage nach fortschrittlichen Präbiotika, die keine Nebenwirkungen haben und gezielt bestimmte Bereiche im Körper unterstützen sollen, steigt permanent. Spezielle Präbiotika sind besonders vorteilhaft für das Mikrobiom, da sie auf bestimmte Bakterien abzielen, die eine große Menge an kurzkettigen Fettsäuren (SCFA = Short Chain Fatty Acids) produzieren. Diese kurzkettigen Fettsäuren müssen bei der Verdauung nicht modifiziert werden und können direkt vom Körper aufgenommen werden. SCFA dienen nach dem aktuellen Stand der Forschung besonders denjenigen Darmbakterien als „Futter“, die eine besondere Schutzfunktion haben. Sie können Entzündungen im Körper verhindern und vor einem Angriff des menschlichen Organismus auf körpereigene Zellen schützen, der Ursache für zahlreiche Autoimmunerkrankungen – wie etwa Multiple Sklerose, Schuppenflechte, Rheuma oder Allergien. Neben der Stärkung des Immunsystems könnten kurzkettige Fettsäuren auch helfen, Knochen stabiler zu machen, Gelenkentzündungen zu lindern, den Cholesterinspiegel zu senken oder den Appetit zu reduzieren. Es gibt immer mehr probiotische Spezies und präbiotische Substrate, die neu entdeckte mikrobielle Nischen und Wirtsziele anvisieren. Neben den Bereichen Probiotika und Präbiotika entwickeln sich neue Varianten Mikrobiom-modulierender Interventionen. Personalisierte Ernährung und Präzisionsmedizin beeinflussen zunehmend den gezielten Einsatz von Probiotika und Präbiotika. Die Modulation mikrobieller Signaturen für das jeweils passende Puzzleteil zur Gesunderhaltung spezifischer Funktionen bzw. der Bekämpfung individueller Krankheitsbilder wächst permanent. Hochwertige, getestete Synbiotika – die optimale Kombination Heute werden lebende Mikroorganismen immer häufiger zusammen mit speziellen Ballaststoffen eingesetzt, um ihre gesundheitlichen Vorzüge zu kombinieren. Wir müssen allerdings beachten, dass das Zusammenspiel aus Präbiotika und Probiotika nicht immer vorteilhaft ist – denn nicht alle passen wirklich zusammen. Wichtig ist in jedem Fall eine hochwertige, geprüfte Kombination. Daneben gibt es auch viele Menschen, die bestimmte Präbiotika nicht gut vertragen. Viele lösliche Präbiotika werden von der Darmflora zu schnell abgebaut, was zu Völlegefühl, Blähungen und Magenschmerzen führen kann. April 2022 19

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