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Vitalstoffe 1/2021

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Vitalstoffe ist die erste Zeitschrift in deutscher Sprache, die sich zum Ziel setzt, umfassend über die Roh- und Wirkstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln sowie über deren Darreichungsformen zu berichten. Im Mittelpunkt stehen die Produktion und Mischung von Rohstoffen und deren Wirkung auf die menschliche Gesundheit. Wissenschaftlich fundierte Informationen und Studien bieten die Möglichkeit der Aufklärung, die durch die Health Claims Verordnung immer schwieriger geworden ist.

V italstoffe Christina

V italstoffe Christina Spötzl So helfen die Omega-3-Fettsäuren EPA & DHA unserem Immunsystem © gpointstudio – shutterstock.com Die Omega-3-Fettsäuren zählen zu den mehrfach ungesättigten Verbindungen (engl. PUFA, polyunsaturated fatty acids) und sind essenzielle Bestandteile unserer Nahrung. Eine herausragende Rolle kommt hier den beiden Omega- 3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) zu, die in Algen und Fischen vorkommen. Den Omega-3-Fettsäuren EPA & DHA werden unter anderem blutdruckregulierende und gesundheitsprotektive Eigenschaften zugeschrieben. Es gibt viele Nahrungsergänzungsmittel, die mit gesundheitsbezogenen Angaben (Health Claims) für Omega-3-Fettsäuren beworben werden können. Für keine andere Stoffklasse neben den Vitaminen und Mineralien wurden so viele Health Claims von der EFSA positiv bewertet, was auf die umfassende und gesicherte Studienlage zurückzuführen ist. Die genehmigten Health Claims für die beiden Fettsäuren EPA und DHA beziehen sich z.B. auf die Herzfunktion, die Aufrechterhaltung der normalen Sehkraft bzw. der normalen Gehirnfunktion oder auch auf den Blutdruck, die Blutfette (Triglyceridspiegel) sowie der Gehirn- und Augenentwicklung beim Fetus (1). Deutsche Wissenschaftler haben im Jahr 2020 gemeinsam mit US-Partnern ganz aktuell herausgefunden, dass sie auch eine wichtige Rolle in unserem Immunsystem spielen. Der Studie zufolge liefern die Omega-3-Fettsäuren (EPA & DHA) Grundbausteine, um Entzündungen aufzulösen (2). Bestandteile des Immunsystems Das Immunsystem ist – einfach erklärt – das Abwehrsystem unseres Körpers. Eine Vielzahl von Organen, Zellen und Botenstoffen gehören zu unserem Immunsystem. Damit der Körper eine Immunreaktion auf Erreger wie Bakterien, Viren oder Pilze zeigt, müssen diverse Körpersysteme und Organe zusammenarbeiten. Zu den wichtigsten Bestandteilen zählen zum einen die Haut und die Schleimhäute. Diese sind oft der erste Eintrittsort vieler Erreger, und die ersten Abwehrreaktionen finden hier statt. Sowohl in den Lymphknoten und – bahnen, als auch in den Gaumen- und Rachenmandeln befinden sich die Abwehrzellen, die wiederum Antikörper bilden. Sie stellen das Grundgerüst der Immunantwort dar. In der Thymusdrüse entwickeln sich die Abwehrzellen, die sogenannten T-Zellen oder auch T-Lymphozyten. Die Milz als größtes Lymphorgan speichert die Abwehrzellen, bis sie zum Einsatz kommen. Das Knochenmark ist der Bildungsort der B-Lymphozyten, wobei das „B“ vom englischen Wort Knochenmark „bone marrow“ stammt (3). 50

Omega 3 Die angeborene und die adaptive Immunantwort Das Immunsystem besteht aus einer angeborenen (nicht-adaptiven oder natürlichen) und einer erworbenen (adaptiven oder spezifischen) Immunität. Bereits Metschnikoff beobachtete in lebenden transparenten Wasserflöhen sogenannte Fresszellen, welche diese kleinen Tierchen vor Infektionen schützen, indem sie die Infektionserreger verschlingen und verdauen. Er nannte sie Makrophagen, übersetzt „große Fresser“ (4). Da sich Makrophagen in allen Geweben des Körpers befinden, gehören sie meist zu den ersten, die eingedrungene Infektionserreger erkennen. Hier setzt sich das nicht-adaptive Abwehrsystem mit dem Fremdkörper auseinander. Nachdem sie Pathogene (pathogen = „eine Krankheit verursachend“) identifiziert und abgetötet haben, senden sie Signale. So werden andere Immunzellen an den Ort des Geschehens rekrutiert. Jetzt setzt die adaptive Immunantwort ein. Die Mechanismen der adaptiven Abwehr brauchen hingegen einige Zeit, um gezielt gegen spezifische Eindringlinge vorzugehen, sie lernt somit ein Leben lang dazu. Da sie sich an die Pathogene „erinnern“ kann, wird ihr ein immunologisches Gedächtnis zugeschrieben, was sich in einem langanhaltenden Schutz äußert. Wesentliche Komponenten des adaptiven Abwehrsystems sind beispielsweise Antikörper (5). Omega-3-Fettsäuren und das Immunsystem Professor Dr. Oliver Werz von der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Professor Dr. Charles N. Serhan von der Harvard Medical School in Boston berichten in neuen Studienergebnissen über den Zusammenhang von Omega- 3-Fettsäuren mit unserem Immunsystem. Demnach nehmen pathogene Bakterien gezielt Einfluss auf die Funktion von Makrophagen und steuern so den gesamten Prozess der Entzündung. Die Fettsäuren spielen bei der Auflösung dieser Kaskade eine Rolle. In ihrer Untersuchung stellen die Wissenschaftler nun den zugrunde liegenden genauen zellulären Mechanismus vor. Die Forscher nutzten für ihre Studie Krankheitserreger wie Escherichia coli und Staphylococcus aureus. Sie stellten fest, dass die Bakterien in unterschiedlichen Makrophagen- Populationen gegensätzliche Wirkungen hervorrufen. Die verschiedenen Populationen spielen entweder eine Rolle in der Anfangs- oder in der Abklingphase der Entzündung. Die Bakterien bringen aber außerdem Makrophagen dazu, vermehrt entzündungsauflösende Substanzen wie z.B. Resolvine, Lipoxine sowie Protektine aus Omega-3-Fettsäuren zu bilden. Resolvine besitzen funktionell eine Lipidstruktur und sind von den Omega- 3-Fettsäuren EPA und DHA abgeleitet. Diese Erkenntnisse könnten zukünftig für die Behandlung von chronisch-entzündlichen Erkrankungen von Bedeutung sein (2). Die Ergebnisse decken sich mit einem Review von S. Gutiérrez aus Schweden, aus dem hervorgeht, dass die Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA die Grundbausteine für entzündungsauflösende Substanzen liefern, welche wiederum das Abklingen von Entzündungsreaktionen fördern (21). COVID-19 und das Immunsystem Laut Falldefinition des Robert-Koch- Instituts (RKI) wird die COVID-19 („Corona Virus Disease 2019“)-Erkrankung wie folgt beschrieben. Es handelt sich dabei um eine akute infektiöse Lungenerkrankung bzw. ein akutes respiratorisches Syndrom, ausgelöst durch Infektion mit dem erstmalig im Dezember 2019 in Wuhan/China nachgewiesenen Coronavirus SARS-CoV-2 (6). Eine Grundimmunität der menschlichen Population ist nicht (ausreichend) vorhanden, da es sich um ein neuartiges Virus handelt. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass es Unterschiede in der Immunreaktion gibt. Um den immunologischen Unterschieden auf den Grund zu gehen, haben zwei Forschergruppen unterschiedliche Aspekte der Immunantwort näher untersucht. Ein Forscherteam legte den Schwerpunkt auf Immun- Botenstoffe wie die Interferone. Einige Interferone spielen eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung bakterieller und viraler Erreger, andere, wie z.B. das Interferon-6, können aber auch Entzündungsreaktionen wie den sogenannten „Zytokinsturm“ auslösen. Unter Zytokinsturm versteht man eine potentiell lebensgefährliche Entgleisung des Immunsystems, bei der es zu einer sich selbst verstärkenden Rückkoppelung zwischen Zytokinen und Immunzellen kommt. Beim Vergleich von Patienten mit milden und kritischen Verläufen stellten sie tatsächlich signifikante Unterschiede fest: Bei schwerkranken Patienten fanden sich deutlich geringere Konzentrationen der sogenannten Typ-1-Interferone im Blut. Die Gene, welche die Produktion dieser Botenstoffe ankurbeln, waren bei diesen schweren Verläufen deutlich weniger aktiv. Durch die immunologischen Unterschiede zwischen eher milden und schweren Verläufen von COVID-19 haben die Wissenschaftler schlussendlich drei Immuntypen identifiziert. Charakteristisch für zwei der Typen war, dass sie eine unterschiedlich starke Aktivität von T-Helferzellen aufwiesen. Der dritte Immuntyp zeigte wenig bis gar keine Immunreaktion auf die Infektion (7). COVID-19 und der Omega-3-Index Untersuchungen des Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, an einer COVID-19-Infektion zu versterben, bei Menschen mit einem hohen Omega- 3-Index (Omega-3-Fettsäurenstatus) geringer ist. Der HS-Omega-3 Index wurde von Harris & von Schacky standardisiert und ist definiert als der Gehalt von EPA und DHA in den Membranen der Erythrozyten (ausgedrückt als Prozentsatz der insgesamt gemessenen Fettsäuren). Die vorangestellte Abkürzung HS steht für die beiden Namen Harris und Schacky (8). Bei 100 COVID-19-Patienten wurde bei der Krankenhausaufnahme der HS-Omega-3-Index bestimmt. Die Daten weisen darauf hin, dass ein COVID-19-Patient mit einem niedrigen HS-Omega-3-Index < 5,7 % ein 4 mal höheres Sterberisiko hat, im Vergleich zu einem COVID-19-Patienten mit einem höheren HS-Omega-3-Index- Wert > 5,7 % (9). Auffallend war, dass Länder mit einem niedrigen bis nur April 2021 51

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