Pumpen und Systeme Membrandosierpumpen Herstellung von Biomolekülen für Arzneimittel Membrandosierpumpen bewähren sich für kritische Mischaufgaben in der industriellen Oligonukleotid-Produktion Dr.-Ing. Hans-Joachim Johl Die Größe von Oligonukleotiden liegt zwischen denen kleiner niedermolekularer Wirkstoffe, so genannten APIs (aktive pharmazeutische Inhaltsstoffe) und großmolekularen Wirkstoffen, beispielsweise mAbs (monoklonale Antikörper). Produktionsanlagen zur Herstellung von Oligonukleotiden müssen sowohl mit brennbaren, toxischen Verbindungen umgehen können als auch hygienischen Standards zur Wahrung der biologischen Integrität genügen. Sie müssen vor allem aber flexibel einsetzbar und aus Pilotanlagen heraus skalierbar sein, um idealerweise verschiedenste Medikamente synthetisieren und reinigen zu können. Neben bereits standardisierten Plattformtechnologien werden auch kundenspezifische GMP-konforme Anlagen benötigt. Membrandosierpumpen in diesen Systemen können sowohl die Herausforderungen extremer chemischer Synthesen im Upstream-Prozess als auch kontaminationsfreie Downstream-Prozesse bedienen. Hier ist vor allem die flexible Herstellung von toxischen und entflammbaren Fluidmischungen bei stark variierenden Volumenstromanforderungen gefragt. Von seltenen Krankheiten bis hin zu chronischen Indikationen: Der Bedarf an Medikamenten auf Oligonukleotid-Basis nimmt stetig zu. Bei Oligonukleotiden handelt es sich um kurze, kleine (= Oligo) Abschnitte genetischer Sequenzen (RNA und DNA). Nukleotide sind dabei die Bausteine aus Nukleinsäuren, wie sie in DNAund RNA-Ketten auftreten. Somit gehören Oligonukleotide zu den wichtigsten Bestandteilen der modernen Molekularbiologie. Eine der bedeutendsten Möglichkeiten, Oligonukleotide mit modifizierten Nukleotiden zu therapeutischen Zwecken herzustellen, ist die industrielle DNA- und RNA-Synthese. Im Unterschied zu den häufig verwendeten biopharmazeutisch produzierten Medikamenten, die auf die Proteine ausgerichtet sind, zielen Oligonukleotide auf Störungen im genetischen Code ab, welche die Ursache von spezifischen Erkrankungen darstellen. Damit sind sie prädestiniert zur Behandlung bisher nicht heilbarer seltener Erkrankungen, darunter z. B. neuronale Krankheiten. Ein erstes so genanntes Antisense-Oligonukleotid Medikament wurde bereits 1998 als Fomivirsen unter dem Handelsnamen Vitravene zur Behandlung von CMV-Virus bei AIDS-Patienten zugelassen. 1 Etliche weitere folgten, darunter das 2018 zugelassene Partisiran unter dem Handelsnamen Onpattro, ein Lipid-Nanopartikel formuliertes Medikament, das zu den neueren Oligonukleotid-Therapien gegen Polyneuropathie gehört. Obwohl also bereits verschiedene Oligonukleotid-Medikamente über eine behördliche Zulassung verfügen, ist die Etablierung im großtechnischen kommerziellen Maßstab noch nicht abgeschlossen. Viele weitere Arzneimittel befinden sich derzeit in der klinischen Phase vor der industriellen Herstellung und damit im Mittelpunkt fortlaufender Forschungsbemühungen – zunehmend auch unter wirtschaftlichen und quantitativen Aspekten. Herausforderung: Wirtschaftliche Produktion von Oligonukleotiden In der Folge rückt die effiziente und sichere GMP-Herstellung von Oligonukleotiden mittels geeigneter Produktionsanlagen in den Fokus vieler spezialisierter Unternehmen. Ziel ist eine maximale Ausbeute bei gleichzeitig hoher Reinheit. Hersteller aktiver pharmazeutischer Wirkstoffe Abb. 1: Produktionsanlagen zur Herstellung von Oligonukleotiden müssen sowohl mit brennbaren, toxischen Verbindungen umgehen können, als auch hygienischen Standards zur Wahrung der biologischen Integrität genügen. (Quelle: LEWA) 20 PROZESSTECHNIK & KOMPONENTEN 2024
Pumpen und Systeme Membrandosierpumpen Kontinuierliche Durchflussregulation Abb. 2: Bei den Inline-Verdünnungsanlagen kommen speziell für Pharma-Anwendungen ausgelegte Mehrkopf-Membrandosierpumpen zum Einsatz. (Quelle: LEWA) sehen sich daher mit der Aufgabe konfrontiert, die eigenen Produktionsprozesse immer wirtschaftlicher und robuster zu gestalten, so dass sie sich mit möglichst hoher Ausbeute in Synthese und nachgeschalteten Schritten vom Labor- bzw. Pilotmaßstab in den industriellen GMP-Produktionsmaßstab skalieren lassen, ohne dabei Qualitätseinbußen zu unterliegen oder Wirtschaftlichkeitsaspekte zu vernachlässigen. Einen wichtigen Schritt stellt in diesem Zuge die so genannte Medienverdünnung für Oligonukleotid-Prozesse dar, bei der die Konzentrationen der synthetisierten Lösung angepasst werden. Höher konzentrierte Lagerlösungen werden kontinuierlich verdünnt, um die gewünschte Arbeitskonzentration zu erreichen. Dabei hängt die Wahl der jeweiligen Lösung von den nachgelagerten Schritten im weiteren Downstream-Prozess ab. Nach der eigentlichen chemischen Synthese, bei der die Nukleotide nacheinander zu einer wachsenden Kette hinzugefügt werden, durchlaufen die synthetisierten Produkte so genannte Deschutz- und Aufreinigungsschritte, um unerwünschte Nebenprodukte zu entfernen. Eine begleitende Prozess- und Qualitätskontrolle, z. B. in Form von Massenspektrometrie stellt sicher, dass sich das Endprodukt im definierten Spezifikationsfenster befindet. Um der erhöhten Nachfrage durch eine Ausweitung der Produktionskapazitäten zu begegnen, müssen präzise und kontinuierlich arbeitende Inline- Verdünnungsanlagen bereitgestellt werden. Eine der größten Herausforderungen ist dabei das Aufrechterhalten einer konstant reproduzierbaren Qualität des jeweils benötigten Puffers innerhalb eines engen Fensters für zulässige Konzentrationsabweichungen. Dafür ist unter anderem eine kontinuierliche Kontrolle der Durchflussmengen sowie der daraus resultierenden Verdünnungsverhältnisse essenziell. Die Inline-Verdünnungsanlagen bestehen daher typischerweise aus mehreren Kanälen mit Ventilen, wobei jeder Kanal mit einer Mehrkopfmembranpumpe und einem Coriolis Durchflussmesser ausgestattet ist. Letztere messen den Massenstrom und halten die Fluidmenge mithilfe einer genauen Drehzahlregelung der Dosierpumpen konstant. Die im ausgangsseitigen Sammelstrang eingebauten Druckregelventile mit integrierter elektronisch geregelter pneumatischer Dämpfung halten den Mischstrom fluktuationsarm und nahezu konstant. Dies gilt auch hinsichtlich des Druckes: Schwankungen sind für die eingebauten Messketten unerwünscht und stören die Abb. 4: Druckregelventil mit Dämpfungseigenschaften ausgestattet mit einem elektronischen Pilotventil zur automatischen Regelung. (Quelle: EQUILIBAR) Trennvorgänge in den Chromatografiesäulen. Zudem müssen Gasphasenanteile sowie jeglicher Temperatureintrag verhindert werden. Nach Zusammenführung des Mischergebnisses in der Sammelleitung wird das Verhältnis mittels entsprechender Messtechnik analysiert, z. B. über den pH-Wert und die elektrische Leitfähigkeit. Nach einer Programmierung der abgelegten Sollwerte in der übergeordneten Steuerung stehen diese als unterschiedliche Methoden zur Systemsteuerung zur Verfügung. Die aufgezeichneten Messwerte werden mit hoher Abtastrate ermittelt und laufend zentral ausgewertet. Dabei müssen die eingesetzten Pumpen korrosionsbestän- Abb. 3: Die im ausgangsseitigen Sammelstrang eingebauten Druckregelventile mit integrierter elektronisch geregelter pneumatischer Dämpfung halten den Mischstrom fluktuationsarm und nahezu konstant. (Quelle: LEWA) PROZESSTECHNIK & KOMPONENTEN 2024 21
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