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Hygiene Report 4/2022

HYGIENE Report ist das Forum für Qualitätssicherung in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie. In Zusammenarbeit mit hochkarätigen Autoren aus Wissenschaft und Wirtschaft berichtet das Periodikum anwenderorientiert und praxisnah zu allen relevanten Aspekten rund um das Thema Qualitätssicherung. Themen sind beispielsweise Hygiene Management, Messtechnik, Berufskleidung, Reinigung, HACCP, Personalhygiene und mikrobiologische Nachweise mit all ihren rechtlichen und gesetzlichen Problemen.

Schwerpunkt 4·22 Thomas

Schwerpunkt 4·22 Thomas F. Voigt Zeitenwende: Auch die Dienstleistung Schädlingsbekämpfung ist im Wandel Zukunftsorientierte Prophylaxe in Betrieben integriert Kamera-, Funk-, Digitaltechnik Nicht nur in der Politik – eine Zeitenwende hat sich auch bei der Dienstleistung Schädlingsbekämpfung vollzogen. Denn im Rahmen zeitgemäßer Verfahren geht es heutzutage primär um die Fragen: Wie verhindert man Schädlinge, wie erkennt man sie frühzeitig und wie macht man ihnen das Überleben in Lebensmittelbetrieben schwer? Während man früher gewartet hat, bis ein Schädlingsbefall vorlag, setzt man heute mit prophylaktischen Maßnahmen ohne sichtbaren Befall bereits im Vorfeld an. Für diese Zwecke sind mittlerweile sehr zuverlässig wirkende sowie ausgereifte Mittel und Verfahren am Markt. Ein Problem in diesem Zusammenhang: Werden diese Mittel und Verfahren vom Schädlingsbekämpfer falsch eingesetzt, wirken sie nicht oder begünstigen schlimmstenfalls Schädlinge sogar. Weiterhin problematisch ist, dass die Verantwortlichen in Lebensmittelbetrieben viel zu wenig über diese Prophylaxemöglichkeiten wissen, auch nicht über ihren korrekten oder falschen Einsatz, und damit Fehler, Mängel und Versäumnisse des Schädlingsbekämpfers in der Prophylaxe nicht erkennen. Als Folge davon können sich Schädlinge trotz ergriffener prophylaktischer Maßnahmen in Lebensmittelunternehmen etablieren – und zweitens wird Geld verbrannt, denn die Kosten, die zur Umsetzung prophylaktischer Maßnahmen anfallen, stehen oft nur in einem massiv schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnis. Teilweise existiert für diese Kosten nicht ein einziger Nutzen, wenn nämlich die Schädlingsprophylaxe völlig falsch und lückenhaft ist. Schädlingsprophylaxe: Was fordert der Gesetzgeber? Bei der Gesetzgebung ist in diesem Zusammenhang die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 ein zentrales Element. In Artikel 5 heißt es wörtlich: „Die Lebensmittelunternehmer haben ein oder mehrere ständige Verfahren einzurichten, durchzuführen und aufrechtzuerhalten, um Gefahren zu ermitteln, die vermieden, ausgeschaltet oder auf ein akzeptables Maß reduziert werden müssen.“ Eine explizit klare Vorgabe des Gesetzgebers zur Schädlingsprophylaxe, denn Schädlinge, egal, ob und welcher Art, stellen für jeden Lebensmittelbetrieb unabhängig von Branche und Größe eine immense Gefahr dar. Weitere konkrete Hinweise zur Schädlingsprophylaxe findet man in den Anhängen zu dieser Verordnung. Im Anhang I, der sich auf die Primärproduktion bezieht, heißt es: „Lebensmittelunternehmer müssen angemessene Maßnahmen treffen, um einer Kontamination durch Tiere und Schädlinge so weit wie möglich vorzubeugen oder zu Abb. 1: Eine moderne Mäuseköderbox mit aromatisiertem Kunststoffköder (gelb) und Funkmodul (blau). verhindern.“ Eine Vorgabe, die im Prinzip so in diesem Wortlaut auch für die Herstellung und Weiterverarbeitung von Lebensmitteln gilt, denn in Anhang II (Hygienevorschriften für alle Lebensmittelunternehmer), Kapitel I, heißt es: „Betriebsstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, müssen so angelegt, konzipiert, gebaut, gelegen und bemessen sein, dass gute Lebensmittelhygiene, einschließlich Schutz gegen Kontamination und insbesondere Schädlingsbekämpfung, gewährleistet ist.“ Eine weitere Vorgabe zur Prophylaxe findet man im An hang II, Kapitel II. Hier werden unter Ziffer 1 d) Insektenschutzgitter an Fenstern gefordert. Und selbst für mobile Lebensmittelbetriebsstätten und Verkaufsautomaten fordert diese Verordnung in Anhang II, Kapitel III, Schädlingsprophylaxe. Und auch beim Thema Lebensmittelabfälle findet man im Anhang II, Kapitel VI, Ziffer 3, einen Hinweis zur Schädlingsprophylaxe, denn Abfallsammelräume müssen so konzipiert und geführt werden, das sie frei von Tieren 4 www.hygiene-report-magazin.de

september Schwerpunkt und Schädlingen gehalten werden können. Und schließlich findet man im Anhang II, Kapitel IX, in Ziffer 3 die allumfassende Vorgabe, dass Lebensmittel auf allen Stufen der Erzeugung, der Verarbeitung und des Vertriebes vor Kontaminationen zu schützen sind, was nichts anderes besagt, als dass Schädlingsprophylaxe ein fester, unabdingbarer Bestandteil guter Lebensmittelhygiene ist. Was fordern die Lebensmittelstandards? Natürlich haben sich alle Lebensmittelstandards, deren primär erklärtes Ziel die Lebensmittelsicherheit ist, auch der Thematik Schädlingsprophylaxe angenommen. Stellvertretend für alle anderen Standards soll dieses hier beim IFS und BRC aufgezeigt werden. Im IFS wird diese Thematik im Kapitel 4.13 abgehandelt, wo schon mit der Kapitelbezeichnung „Schädlingsüberwachung und Schädlingsbekämpfung“ ein Hinweis auf Schädlingsprophylaxe gegeben wird, denn Überwachung steht hier im Sinne von Prophylaxe. Und gleich der erste Satz in 4.13.1 fordert, dass das System zur Schädlingsbekämpfung im Lebensmittelbetrieb die rechtlichen Bestimmungen der jeweiligen Nation erfüllt, womit in Deutschland wieder die LMHV zitiert werden muss, die, wie oben im Detail dargelegt, explizit Schädlingsprophylaxe fordert. Etwas anders sieht dies zunächst beim BRC aus, denn Abb. 2: Bei der in einer Köderbox installierten Schlagfalle gibt es kein Entrin nen: Maus oder Ratte wird getroffen, wo sie getroffen werden muss – im Genick. das diesbezügliche Kapitel 4.14 ist mit dem Titel „Schädlingsbekämpfung“ überschrieben, von Prophylaxe ist hier also zunächst bei oberflächlicher Betrachtung nicht die Rede. Aber gleich im ersten Satz, noch vor Detailanforderungen, bringt es der BRC im Gegensatz zum IFS voll auf den Punkt: Es wird hier ein Programm gefordert, um a) das Risiko eines Schädlingsbefalles zu minimieren und b) um bei auftretenden Problemen mit Schädlingen schnell reagieren zu können. Eine Definition der Schädlingsprophylaxe aus dem Bilderbuch. Welche Forderungen sind zu erfüllen – wer ist zuständig? Die Maßnahmen zur Schädlingsprophylaxe in Lebensmittelbetrieben unabhängig von Größe und Branche beruhen im Prinzip auf drei Säulen: u Säule 1: Man will Schädlinge frühzeitig erkennen u Säule 2: Man will den Zulauf/ Zuflug von Schädlingen verhindern u Säule 3: Man will die Entwicklungsmöglichkeiten von Schädlingen im Betrieb selbst eliminieren bzw. minimieren. Definiert man nun passend zu diesen Aktivitäten die Zuständigkeiten, muss man sagen, dass im Prinzip alle drei Maßnahmen eigentlich von Schädlingsbekämpfungs- und Lebensmittelbetrieb gemeinsam zu erledigen sind. Wobei das frühzeitige Erkennen von Schädlingen sicher ein primäres Aufgabengebiet des Schädlingsbekämpfers ist. Allerdings sollten sich die Verantwortlichen in den Lebensmittelbetrieben hier nicht völlig aus der Verantwortung stehlen. Die Verhinderung von Zulauf und Zuflug obliegt definitiv sowohl dem Schädlingsbekämpfungsals auch dem Lebensmittelbetrieb und die Eliminierung und Minimierung der Entwicklungsmöglichkeiten im Betrieb selbst sollte als primäre Aufgabe des Lebensmittelbetriebes gesehen werden. Und mit technischen Lösungen lässt sich in dieser Hinsicht eine Menge realisieren. Details dazu waren im Hygiene Report 2/2013 (S. 8-10) beschrieben. Aber um diese prophylaktischen Maßnahmen betriebsspezifisch, fach- und sachgerecht umsetzen zu können, müssen mindestens vier Fragen von allen Beteiligten schlüssig beantwortet werden. Erstens: Welche Schädlinge können dem jeweiligen Betrieb zur Gefahr werden? Zweitens: Wie und wo gelangen Schädlinge in diesen Betrieb? Drittens: Wie breiten sich Schädlinge innerhalb des Betriebes aus? Und viertens: Was im Lebensmittelbetrieb begünstigt Schädlinge und BASF-zertifizierte Schädlingsbekämpfungsbetriebe Finden Sie hier: 5

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