wissenschaft 3·23 Streng überwacht vom Acker bis zur Theke Pilze, Rückstande, Pestizide, Enzyme, Zusatzstoffe: Was im Brot (nicht) drin sein darf Unsere Lebensmittel sind heute so sauber und sicher wie nie in der Menschheitsgeschichte. Noch im vergangenen Jahrhundert (und leider aktuell noch in manchen Gebieten der Erde) erkrankten Menschen oft durch verdorbene Lebensmittel bzw. Pilzgifte. Diese können durch fehlerhaften Anbau oder schlechte Lagerung entstehen. Was unser Getreide betrifft, passiert bereits einiges auf dem Feld: z.B. Anbau resistenter Sorten, Pflanzenschutz, gute fachliche Praxis. Was auf dem Weg vom Acker bis in die Backstube getan wird, bis ein Brot entsteht, und wie die Sicherung von Hygiene und Qualität auf all diesen Produktionsstufen funktioniert, beschreibt das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) in diesem Beitrag. In der Mühle wird Getreide, das der menschlichen Ernährung dient, zunächst auf Schimmelpilze der Gattung Fusarium (Fusarientoxine) untersucht. Zu hoch belastete Partien werden gar nicht erst angenommen. Dann kommen modernste Reinigungsmaschinen zum Einsatz. Es beginnt mit einer groben Vorreinigung, gefolgt von mehreren Reinigungsschritten: Der Separator siebt alles aus, was größer oder kleiner als ein gesundes Getreidekorn ist. Im Aspirateur werden leichtere Teilchen wie Stroh oder Staub im Luftstrom aussortiert. ben keine Rückstände haben – oder ggf. deutlich unter den gesetzlichen Grenzwerten liegen. Hinzu kommt, dass i.d.R. Körner von Weizen, Dinkel oder Roggen nicht direkt verzehrt viele natürlichen Ursprungs. Beispielsweise wird in Brötchen relativ häufig Malzmehl eingesetzt, was nichts anderes als angekeimte Gerste ist, die dann getrocknet und vermahlen Die Brotvielfalt in Deutschland ist beeindruckend – und ihre Qualität wird vom Feld bis zum Verkauf streng überwacht. Foto: AdobeStock_juefraphoto Tendenziell sind Zusatzstoffe teuer und der Trend geht definitiv zu weniger Zusatzstoffen, auch in der Backindustrie. Allerdings muss man auch klar sehen, dass Zusatzstoffe v.a. verwendet werden, damit Brot und Brötchen bei möglichst niedrigem Preis immer perfekt aussehen, egal woher die Körner kommen, welche Temperaturen herrschen, wer backt, etc. Je mehr von einem Brotteig verlangt wird, desto besser muss dieser sein, etwa für schnelle Aufbackware, Tiefkühlbrötchen, perfekte Toastbrote oder superweiche Burger Buns. Steine/Metalle aussortiert Der Steinausleser trennt Steine vom Getreide und entfernt eventuell enthaltene Metallteilchen mit einem Mag neten. Der Trieur sortiert alle Bestandteile aus, die nicht die Form von Weizen- beziehungsweise Roggenkörnern haben, z.B. andere Getreidearten oder Wildkrautsamen. Ein Farbausleser erkennt mit Hilfe von Kameras gegebenenfalls giftiges Mutterkorn oder verfärbte Körner (Pilzgifte) und entfernt sie gezielt mit Druckluft. Die Scheuermaschine befreit das Getreide dann vom letzten Schmutz und Staub. Rückstandsanalytik durch unabhängige Labore zeigt immer wieder, dass viele Getreidepro- werden, sondern in Form veredelter Produkte, z.B. Brot und Backwaren. Das führt zu den Zusatzstoffen bei Lebensmitteln, wovon gemäß Europäischer Zusatzstoffverordnung 340 für Lebensmittel erlaubt sind. Dazu der Leiter der Arbeitsgruppe Weizen an der Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim, Prof. Friedrich Longin: „Bei Brot dürfen zahlreiche Zusatzstoffe nicht eingesetzt werden, wie Farbstoffe oder in unverpacktem Brot Konservierungsstoffe. Weitere Zusatzstoffe wie Bienenwachs, Süßungsmittel, Gold etc. ergeben einfach auch keinen Sinn in Brot. Von den öfters in Brot eingesetzten Zusatzstoffen sind zudem wurde, übrigens eine der wichtigsten Grundzutaten für Bier. Lecithine und andere Emulgatoren werden auch gerne in Brötchen verwendet. Diese sind letztlich nichts anderes als pflanzliche Fette bzw. Teile davon, z.B. aus der Sojabohne. Damit Mehl schneller reift, wird häufig Ascorbinsäure beigesetzt, das ist Vitamin C.“ Es gibt aber auch künstlich hergestellte Zusatzstoffe und Enzyme; letztere ohne Deklarationspflicht, weil sie angeblich im fertigen Brot keine technologische Wirksamkeit mehr haben. Welcher Backbetrieb was einsetzt, ist nicht zu verallgemeinern, weil es dazu zu viele verschiedene Konzepte gibt. Abgepackt wird deklariert Bei abgepacktem Brot müssen alle Zusatzstoffe (bis auf Enzyme, s.o.) – gemäß Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) – deklariert sein. Bei loser Bäckerware sind deutlich weniger verpflichtende Angaben vorgeschrieben. Über die 14 wichtigsten Allergene, u.a. glutenhaltige Getreide und Milcherzeugnisse, muss jedoch immer informiert werden. Und auch wenn alle Zusatzstoffe auf Unbedenklichkeit überprüft worden sind: Grundsätzlich muss in ein gutes Brot nicht mehr als Mehl, Wasser, Hefe oder Sauerteig und etwas Salz. www.bzfe.de https://weizen.uni-hohenheim.de/ 18 www.hygiene-report-magazin.de
juli wissenschaft Markersubstanzen zeigen Herkunft von Spargel „Food Profiling“-Projekte: Neue verlässliche Methode basiert auf Metabolomics-Analyse Lässt sich mit Hilfe moderner Analyseverfahren die Herkunft von Spargel sicher bestimmen? Die Lebensmittelchemikerin Dr. Marina Creydt von der Hamburg School of Food Science/Universität Hamburg präsentierte kürzlich in einem Online-Vortrag die Ergebnisse zweier Forschungsprojekte. Ergebnis: Mittels Massenspektrometrie wurden 20 Markersubstanzen identifiziert, die eine Klassifizierung der Proben nach Ländern ermöglichen. Für diese 20 Markerverbindungen wurde anschließend eine vereinfachte Methode entwickelt, die für den Einsatz in der Routineanalytik geeignet ist und z.B. von staatlichen Untersuchungsämtern oder Handelslaboren der Industrie mit bereits vorhandener Ausstattung angewendet werden kann. Mithilfe dieser Analysemethoden kann die Herkunft des Spargels mit einer 76-prozentigen Vorhersagegenauigkeit ermittelt werden; diese Genauigkeit ist in etwa vergleichbar mit der Stabilisotopenmethode, die bisher als „Goldstandard“ gilt. Die geographische Herkunft von Lebensmitteln hat einen hohen Stellenwert, nicht umsonst ist die Angabe des Herkunftslandes beim Verkauf von frischem Obst und Gemüse (mit wenigen Ausnahmen) gesetzlich vorgeschrieben. Herkunftskennzeichnungen können absatzfördernd wirken und bieten daher einen Anreiz für mögliche Fälschungen. Diese sind aufgrund komplexer Warenströme und zunehmend ausgefeilter Strategien der Fälscher immer schwerer detektierbar und erfordern zunehmend effizientere analytische Nachweistechniken. Dr. Marina Creydt. Foto: Uni Hamburg Gerade heimischer Spargel ist sehr begehrt. Einen festen Saisonstarttermin gibt es nicht. Je nach Temperaturen kann i.d.R. ab April der erste heimische Spargel geerntet werden. Im zeitigen Frühjahr sind Spanien, Griechenland und Italien Hauptlieferländer – die Niederlande, Ungarn, Polen und Mexiko beschicken parallel zur deutschen Saison den Markt. Letztere geht bis in den Juni. Außerhalb der europäischen Saison (in der zweiten Jahreshälfte) wird der Markt von Peru mit weißem und grünem Spargel versorgt. 400 Proben erfasst An den zwei aktuellen Forschungsprojekten waren drei Forschungsstellen der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) beteiligt. Die Entwicklung einer Routinemethode zum Herkunftsnachweis für Spargel erfolgte im Rahmen des Verbundprojektes „Food Profiling“, gefördert vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL); die Projektbegleitung erfolgte durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Programms zur Innovationsförderung. Untersucht wurden dabei ca. 400 Spargel-Proben (erfasst zwischen 2014 und 2018, inklusive bestimmter Metadaten, etwa Sorte und Alter der Kultur) aus Deutschland, Polen, den Niederlanden, Griechenland, Spanien und Peru. Der wissenschaftliche Ansatz basierte auf der Analyse des sogenannten Metaboloms. Das ist die Gesamtheit aller Stoffwechselprodukte in einem Organismus. Man schätzt, dass es etwa 200.000 Metabolite im gesamten Pflanzenreich gibt und bis zu 25.000 je Pflanze, abhängig vom Genom. Ziel des Forschungsprojekts war die Erzeugung eines chemischen Spargel ist bei Feinschmeckern begehrt – und Herkunftsfälschung ist nicht selten. Shawn Hempel/Fotolia.com Profils des Lebensmittels mit möglichst vielen Informationen – bildlich vergleichbar mit dem menschlichen Fingerabdruck. Zwei Technologien Der Vorteil von Metabolomics- Analysen ist, dass viele exogene Faktoren einen Einfluss haben können – z.B. Verarbeitung, Folienmanagement, Pflanzenschutz- und Düngemittel, Wasserverfügbarkeit im Boden etc. Das Forscherteam ging mit zwei Technologien vor: u der Kernresonanzspektroskopie – eine sehr leistungsfähige Methode zur Analyse und Identifizierung von Substanzen sowie zur Strukturaufklärung meist organischer Verbindungen. Sie basiert auf dem unterschiedlichen Verhalten magnetisch aktiver Atomkerne unter dem Einfluss eines äußeren starken Magnetfeldes u dem Einsatz eines Flugzeitmassenspektrometers – einer ebenfalls leistungsfähigen Methode zur qualitativen und quantitativen Analyse von organischen Molekülverbindungen. Das Prinzip beruht auf der Ionisierung von Teilchen und ihrer anschließenden Trennung in elektrischen und magnetischen Feldern nach ihrer Masse und Ladung. Der Vorteil des vorgestellten Ansatzes, so Dr. Marina Creydt, liegt v.a. bei der Unterscheidung von Ländern, die auf der West-Ost-Achse liegen, also z.B. Holland, Deutschland, Polen. Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung Deichmanns Aue 29 D-53179 Bonn www.bzfe.de 19
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