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Hygiene Report 1/2023

HYGIENE Report ist das Forum für Qualitätssicherung in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie. In Zusammenarbeit mit hochkarätigen Autoren aus Wissenschaft und Wirtschaft berichtet das Periodikum anwenderorientiert und praxisnah zu allen relevanten Aspekten rund um das Thema Qualitätssicherung. Themen sind beispielsweise Hygiene Management, Messtechnik, Berufskleidung, Reinigung, HACCP, Personalhygiene und mikrobiologische Nachweise mit all ihren rechtlichen und gesetzlichen Problemen.

Fachforen / Messen 1·23

Fachforen / Messen 1·23 Nachhaltige, effiziente Reinigungsprozesse für die Lebensmittelindustrie im Fokus Zukunftstage „Future Clean“ des Fraunhofer IVV zu Sicherheit, Resilienz, Inlinesensorik Im Rahmen der Zukunftstage „Future Clean 2022“, einer Kooperationsveranstaltung des Fraunhofer IVV und der Industrievereinigung für Lebensmitteltechnologie und Verpackung e.V. (IVLV), konnten sich die Teilnehmenden aus Industrie, Forschung und Verbänden in Dresden intensiv über die aktuellen Herausforderungen der Lebensmittelindustrie, Lösungsansätze und neueste Technologieentwicklungen austauschen. Brennpunktthemen waren u.a. Resilienz, Produktsicherheit und nachhaltige, effiziente Reinigungsprozesse in der Lebensmittelindustrie. Gleichzeitig hatten die Anwesenden die Möglichkeit, einige der vorgestellten Technologien – beispielsweise die cyberphysischen Reinigungssysteme AJC und AJCsens mit integrierter Inline-Sensorik für eine zeitgemäße Tankreinigung – als Life-Demonstratoren selbst auszuprobieren. Weiterer Forschungsbedarf zu Störszenarien in der Wertschöpfungskette Thematisch fokussierte der erste Veranstaltungstag auf das Thema „Resilienz in der Lebensmittelproduktion“. Zum Auftakt führte Anselm Elles von der AFC Risk and Crisis Consult GmbH (Bonn) in das Risikomanagement im Kontext der Resilienz ein. Er beschrieb dabei Risikofaktoren sowie die Anforderungen, die die Sicherstellung resilienter Prozesse an das Risikomanagement der Unternehmen stellt und erläuterte ein ganzheitliches Risikomanagementsystem. Darauf aufbauend erarbeitete Stephanie Weinand von der Recall InfoLink GmbH (Augsburg) den Zusammenhang zwischen Resilienz und Rückrufen, indem sie ihr System zur schnellen und nachvollziehbaren Durchführung von Rückrufen beschrieb. Dr. Marc Mauermann vom Fraunhofer IVV schloss den Themenblock mit der Vorstellung der aktuellen Umfrageergebnisse zu den Faktoren, die die Gewährleistung resilienter Prozesse in der Lebensmittelindustrie beeinflussen. Dabei zeigte sich, dass v.a. die Investition in Maschinen und Anlagen zur Produktion sowie die Digitalisierung von Prozessketten als wichtigste Möglichkeiten der Sicherstellung resilienter Prozesse in der Lebensmittelindustrie bewertet werden. Die Diskussionen zum Themenblock Resilienz führten insgesamt zu dem Ergebnis, dass sich Unternehmen gezielt auf eventuell eintretende Störungen und Probleme vorbereiten müssen, um im Ernstfall schnell reagieren zu können und den Schaden für die Unternehmen gering zu halten. Insbesondere bei der Frage nach den möglichen Szenarien besteht jedoch noch deutlicher Forschungsbedarf, um insbesondere für die Szenarien mit der höchsten Eintrittswahrscheinlichkeit bzw. der größten Auswirkung auf die Unternehmen, zielführende Maßnahmen planen zu können. Reinigung 4.0 – Intelligente Systeme für adaptive, sichere Reinigungsprozesse und Dokumentation Im Spotlight des zweiten Teils stand die Vorstellung innovativer Dr. Marc Mauermann (stehend) führte durch die Future Clean 2022. cyberphysischer Reinigungssysteme. Den Auftakt machte der AJCsens, ein autonom arbeitender Zielstrahlreiniger, der durch hochintegrierte Inline-Sensorik zur Verschmutzungserkennung erstmals eine Echtzeiterfassung des aktuellen Verschmut- zungszustands und damit eine bedarfsgerechte Reinigung von Oberflächen ermöglicht, die nicht an einem Worst-Case- Szenario ausgelegt ist. Norbert Ebersbach von der AD- VITEC Informatik GmbH (Dresden) stellte mit „ADVISIM3D“ ein Simulationswerkzeug vor, mit dem die Auslegung und Erprobung von industriellen Spritzreinigungsprozessen im Gegensatz zu konventioneller Simulationssoftware innerhalb von Minuten möglich ist. Abgeschlossen wurde der Themenblock mit der Neuvorstellung eines virtuellen Reinigungs assistenten (CleanAssist) für manuelle Reinigungsprozesse. Das System ermöglicht mithilfe einer sensorgestützen Reinigungslanze, Augmented Reality (AR) und intelligenter Datenaufbereitung die Überprüfung und Dokumentation manueller Reinigungsprozesse. Das System kann neben der direkten Unterstützung bei der Reinigung auch für eine effiziente Schulung des Reinigungspersonals eingesetzt werden. Die in diesem Themenblock vorgestellten Lösungen zeigten, 36 www.hygiene-report-magazin.de

märz Fachforen / Messen dass durch die geschickte Integration von Inline-Sensorik in Kombination mit digitalen Lösungen eine sichere und nachvollziehbare Reinigung insbesondere für den Hygienebereich erreicht werden kann. Zudem kann durch die Nutzung dieser Technologien eine deutliche Ressourceneinsparung und somit ein Beitrag zu Umweltschutz und Kostenreduzierung erzielt werden. Bedarfsgerechte Prozessführung durch neuartige Verschmutzungssensorik Zu Beginn des zweiten Tages der Future Clean 2022 erhielten die Teilnehmer einem Einblick in das Thema Verschmutzungssensorik. Dr. Peter Golz vom Im Fazit bestätigte sich der anhaltende Trend von der Offlinezur Inline-Verschmutzungsüberwachung. Es zeigte sich jedoch auch, dass es die „eine“ Sensorlösung zur Inlineerfassung in der Lebensmittelindustrie nicht bzw. noch nicht gibt und noch weiterer Forschungs- und Entwicklungsbedarf besteht. Innovative Ideen für eine chemiefreie, nachhaltige Reinigung und längere Anlagennutzungszeiten „AJCsens“ – ein Novum für die Tankreinigung: Inline-Monitoring durch hochintegrierte Verschmutzungssensorik in adaptivem Zielstrahlreiniger. Fotos: Fraunhofer IVV Verband Deutscher Maschinenund Anlagenbau (VDMA) stellte neue Inline-Reinigungssensoren zur Überwachung des Verschmutzungszustandes in geschlossenen Systemen vor, die im BMBF-Projekt SensoRein entwickelt und erprobt wurden. Dr. Enrico Fuchs vom Fraunhofer IVV ergänzte weitere Sensortechnologien für offene und geschlossene Systeme und gab einen umfassenden Überblick über die Möglichkeiten und Anwendungsgrenzen von Sensorik zur Überwachung von Verschmutzungen in der Lebensmittelindustrie. Nach dem Thema Sensorik standen innovative Verfahren und Mittel zur Reinigung von Verschmutzungen im Fokus. Felix Wallner stellte ein Antifoulingsystem der Firma MultSonic GmbH (Ettlingen) für unterschiedliche Anwendungsgebiete mit Ultraschall vor, das durch Eintrag von mikroskopisch kleinen Schwingungen in das Bauteil die Ablagerung von Verunreinigungen minimiert und damit die Dauer zwischen den Reinigungszyklen signifikant erhöht. Im Anschluss beschrieb Christian Römlein von der intelligent fluids GmbH (Leipzig) den Zusammenhang zwischen chemischen Reinigungsmitteln und der Krypto-Welt. Er stellte neben der speziellen Funktionsweise seines Reinigungsmittels insbesondere die Idee hinter SMAC als „Kryptowährung“ zum vergünstigten Kauf von Reinigungschemie vor. Abgeschlossen wurde der Vortragsblock mit einer neuartigen Lösung zur chemiefreien, ressourcenschonenden Reinigung von Förderbändern mittels Dampfs durch Olaf von Deines von der FRANK Hochdruck- & Dampftechnologie GmbH (Wilnsdorf). Der Vortragsblock zeigte, dass Unternehmen neben der eigentlichen Entfernung von Verunreinigung auch immer Fokus auf Maßnahmen zur Vermeidung der Ablagerung, dem sogenannten Anti-Fouling, legen sollten, wodurch deutlich längere Nutzungszeiten der Anlagen möglich werden. Ebenso wird das Thema Nachhaltigkeit auch bei der Reinigung immer wichtiger, was Ansätze wie SMAC oder die Nutzung der chemiefreien Dampfreinigung zeigen. Aktuelle Forschungsprojekte für ressourcenschonende, kosteneffiziente und sicheren Reinigung Im Finale der Veranstaltung bekamen die Teilnehmenden einen Einblick in die verschiedenen Forschungsthemen und -projekte, die aktuell in Zusammenarbeit der IVLV e.V. mit den Dresdner Forschungseinrichtungen im Bereich Hygienegerechte Produktion bearbeitet werden. Dabei standen die Simulation von Reinigungsvorgängen sowie neuartige Reinigungslösungen, wie beispielsweise der Einsatz des Hammerstrahl- effekts für die Spritzreinigung, im Fokus. Jeder der vorgestellten Lösungsansätze für die Weiterentwicklung und Optimierung von Reinigungsprozessen wird perspektivisch zu einer ressourcenschonenden, kosteneffizienten und sicheren Reinigung beitragen können. Innovativ: eine schwingquarz-basierte Sensorlösung für die Inline-Reinigungsüberwachung in geschlossenen Systemen. Das Fazit der Teilnehmenden, Referierenden und des Organisations-Teams fiel sehr positiv aus. Neben den vorgestellten Inhalten trug vor allem der direkte Austausch und das „Netzwerken“ nach coronabedingt ausschließlich digitalen Events zu einer erfolgreichen Veranstaltung bei. Das Expertenforum „Future Clean“ findet im zweijährigen Rhythmus statt; nächster Termin der Veranstaltungsreihe ist der 6./7. November 2024. Kontaktadresse: Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV, Institutsteil Verarbeitungstechnik Heidelberger Straße 20 D-01189 Dresden Dr. Enrico Fuchs Cyberphysische Verarbeitungsund Reinigungssysteme Gruppenleiter Reinigungstechnologien Telefon: +49 (0) 351 / 436 14-901 E-Mail: enrico.fuchs@ivv-dd. fraunhofer.de www.ivv.fraunhofer.de/de/ verarbeitungsmaschinen/hygienegerechte-produktion-undreinigung/futureclean.html 37

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