BRANCHEN REPORT | Abfüllung DEUTSCHE TECHNIK FÜR ARKTISCHES BIER Bierbrauen in Europas hohem Norden Mitten in der arktischen Landschaft Nordnorwegens liegt auf dem 69. Breitengrad die nördlichste industrielle Brauerei der Welt: Macks Ølbryggeri hat sich seit ihrer Gründung vor fast 150 Jahren vom regionalen Versorger zur viertgrößten Braustätte Norwegens entwickelt. Heute produziert das Familienunternehmen mit modernster deutscher und europäischer Technik rund 20 verschiedene Biersorten sowie Wasser und Softdrinks, und fungiert auch als Lizenzabfüller für die Coca-Cola Company. Von DORIS BÜNNAGEL Rune Lennart Andreassen ist Chefbraumeister der norwegischen Brauerei Mack. (Bild: D. Bünnagel) Am Stammsitz in Tromsø werden heute in einer Mikrobrauerei neue Biersorten kreiert. (Bild: D. Bünnagel) Die Geschichte von Mack beginnt in Tromsø, der heute mit knapp 80.000 Einwohnern größten Stadt Nordnorwegens. 1877 gründete Ludwig Markus Mack, der Sohn deutscher Auswanderer aus Braunschweig, im Zentrum der Stadt seine Brauerei. Über viele Jahrzehnte wurde in der Storgata gebraut – bis die Kapazitätsgrenzen erreicht waren. 2012 verlegte man die industrielle Produktion in das 70 km entfernte Nordkjosbotn. Dort entstand ein neues Werk mit idealer Anbindung an die Europastraße E6, die logistische Versorgung und nationale Distribution erheblich erleichtert. Deutsche Technik für arktisches Bier Die technische Ausstattung der Brauerei stammt von führenden deutschen und europäischen Maschinenbauern. Bei der Hauptabfüllanlage für Dosen hat Mack sich für eine komplette Linie von Krones entschieden, die mit einer Leistung von bis zu 25.000 Dosen pro Stunde arbeitet. Für kleinere Auflagen ist eine „All-in-One“-Abfüllanlage des slowenischen Herstellers Vipoll, einem Unternehmen des GEA-Konzerns, zuständig. Sie arbeitet mit einer Leistung von 8.000 Gebinden pro Stunde und kann sowohl Glasflaschen als auch Dosen befüllen. „Diese Anlage nutzen wir beispielsweise bei limitierten Auflagen, etwa wenn wir Spezialbiere in Glasflaschen abfüllen“, sagt Chefbraumeister Rune Lennart Andreassen. Beide Abfüllanlagen sind vollautomatisiert und arbeiten mit Roboterunterstützung in der Endverpackung. Umgestellt wurde auch die Fassabfüllung auf eine Keykeg-Anlage. Die transparenten, doppelwandigen Kunststofffässern des niederländischen Herstellers OneCircle sorgen dank ihres recycelbaren Innenbeutels für eine Haltbarkeit der Biere von rund fünf Wochen. Für die Wiederverwendung ist der norwegische Rückgabepartner Infinitum zuständig, der landesweit dafür sorgt, dass leere Keykegs gesammelt und wie- Der Umzug ermöglichte auch einen Quantensprung in der Produktion: Die erzeugte Biermenge wurde innerhalb von zehn Jahren von 95.000 auf 240.000 hl pro Jahr gesteigert. Bei voller Auslastung könnte Mack sogar bis zu 300.000 hl pro Jahr produzieren. Gebraut wird bis heute nach dem deutschen Reinheitsgebot. Das Geschäft läuft gut, so dass vor einigen Jahren ein zweiter Braumeister für Nordkjosbotn eingestellt wurde. Er kommt aus Deutschland und hat seine Ausbildung an der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei (VLB) in Berlin absolviert. Bis zu 25.000 Dosen füllt die Hauptabfüllanlage von Krones stündlich ab. (Bild: Mack) 16 | Getränke! 3 | 2025
BRANCHEN REPORT | Abfüllung deraufbereitet werden. Auch Bulkbier zählt zum Portfolio der Mack Brauerei. Es wird in 1.000-Liter-Tanks abgefüllt, die mit den hygienischen Biertankinnenhüllen aus 14-Schicht-Coextrusionsfolie von Nittel aus Halle ausgekleidet sind. „90 % der norwegischen Biere werden heute in Dosen abgefüllt und auch bei uns kommt das Bier fast ausschließlich in die Dose“, erläutert Rune Lennart Andreassen, der im Unternehmen auch für den Bereich Nachhaltigkeit verantwortlich ist. In Glasflaschen füllt Mack heute nur noch für Restaurants und Hotels ab. Auf Mehrweggebinde verzichtet das Unternehmen bewusst. „Früher gab es auch Mehrwegsysteme, die sich in Norwegen aber aufgrund der enormen Entfernungen und der weit verstreut lebendenden Bevölkerung als wenig umweltfreundlich erwiesen haben. Für Brauereien war es damals fast unmöglich, Gebinde zurück in ihre Werke zu bekommen. Daher haben alle norwegischen Brauereien zwischen 2012 und 2015 die Waschanlagen für PET- Mehrwegflaschen wieder abgeschafft“, erklärt der Braumeister und betont: „Mehrweg wieder einzuführen wäre für uns ein Rückschritt – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch.“ Mack setzt daher auf ein durchdachtes bepfandetes Einwegsystem, das in Norwegen seit langem etabliert ist. Getränkedosen und PET-Flaschen sind Teil des Pfandsystems, das als eines der effizientesten der Welt gilt – mit Rücknahmequoten von 97 % für Dosen und 95 % für PET-Flaschen. Organisiert wird es von Systembetreiber Infinitum, die Kosten für das System tragen aber die Getränkehersteller. Das System ist einfach: Verbraucher geben ihre leeren Einweggebinde im Handel über die dort aufgestellten Automaten zurück, das Pfand wird bargeldlos erstattet. Hersteller der Rücknahmeautomaten ist das norwegische Unternehmen Tomra, das mit seinen Einweg- und Mehrwegrücknahmeautomaten gerade weltweit auf Wachstumskurs ist. Rund 20 verschiedene Biersorten produziert die nordische Brauerei Mack, überwiegend klassische Lagerbiere, aber auch IPAs, Stouts und belgische Witbiere. Bestseller sind das Isbjørn Pilsner („Eisbär“) und das dunkle Nordlys („Nordlicht“). Die Zutaten müssen überwiegend importiert werden: Das verwendete Malz kommt aus Finnland und Schweden, Hopfen wird hauptsächlich aus der Hallertau bezogen, kleine Mengen aber sogar lokal in Tromsø angebaut. Die Hefe kultiviert Mack selbst und nutzt ein Rückgewinnungssystem zur Wiederverwendung. Softdrinks mit Gletscherwasser Das zweite Standbein des Unternehmens sind Softdrinks, Cider, Eistees und Wasser. Rune Lennart Andreassen: „Etwa 80 % unserer Softdrinks stellen wir in Lizenz für die Coca-Cola Company her, die viele Audits hier bei uns durchführt.“ Abgefüllt und verpackt werden diese wie die Eigenmarken auf einer modernen Linie des italienischen Maschinenbauers SMI. Sie umfasst ein integriertes Streckblas-, Abfüll- und Verschließsystem und arbeitet mit einer Leistung von über 25.000 Flaschen pro Stunde, abhängig von der Gebindegröße 0,5 l oder 1,5 l. Zusätzlich sorgen eine Schrumpfverpackungsmaschine und ein automatischer Palettierer für die effiziente Endverpackung. Auch hier ist die Beschaffung europäisch organisiert: PET- Preforms werden aus Litauen importiert, Aluminiumdosen kommen aus Schweden, die Kartonagen stammen aus Norwegen, die Schrumpffolie für Gebinde aus dem übrigen europäischen Ausland. Der Transport erfolgt nahezu ausschließlich über die Straße – in Norwegen eine logistisch sinnvolle Lösung, da LKW aus dem Süden oft leer zurückkehren und so effizient für Zulieferungen genutzt werden können. Kleinere Auflagen füllt Mack auf der „All-in-One“-Abfüllanlage von Vipoll ab, die sowohl Glasflaschen als auch Dosen verarbeitet. (Bild: Mack) Obwohl Mack vornehmlich in Norwegen verkauft, werden kleinere Mengen der arktschen Biere aus der Ølbryggeri auch nach Schweden, Neuseeland und sogar China exportiert. Mit einem Marktanteil von rund 10 % auf dem norwegischen Heimatmarkt und einem organischen Wachstum sieht sich das Unternehmen, das in fünfter Generation von Harald Bredrup geführt wird, gut aufgestellt. Mit rund 110 Mitarbeitenden – davon 65 direkt in der Brauerei in Nordkjosbotn, arbeitet Mack an der Vision, die führende Brauerei Norwegens zu werden. Die Zahlen sprechen für sich: 2024 wurde als absatzstärkstes Jahr in der Geschichte des Unternehmens gefeiert. „Wir sind heute eine von fünf industriellen Brauereien in Norwegen und gleichzeitig die nördlichste Brauerei der Welt. Noch weiter nördlich wird zwar auf Spitzbergen in der Svalbard Bryggeri ebenfalls Bier gebraut, allerdings nicht im industriellen Maßstab. Mack ist hier außerdem Miteigentümer.“ Der Unterschied: Mikrobrauereien wie die auf Spitzbergen brauen weniger als 100.000 l pro Jahr. Andreassen: „So viel stellt Mack an einem Tag her.“ Craftbier mit Musik Nach dem Umzug der industriellen Produktion hat das Familienunternehmen am Stammsitz in Tromsø eine Mikrobrauerei installiert, in der seither Craftbiere gebraut werden, die man auch gleich nebenan in der Bierkneipe Ølhallen probieren kann. Musik spielt hier eine große Rolle, denn für jede neue Biersorte lassen sich die Braumeister bei ihrer Arbeit musikalisch inspirieren. Und so trägt auch jeder Fermenter den Namen einer Musiklegende – von Patti Smith über Elvis, Ringo Starr, John Wayne, Iggy Pop bis zu lokalen Rockgrößen – und zu jedem Bier wird eine individuelle Playlist erstellt, abrufbar per QR-Code. Eine pfiffige Idee, aber auch eine gute Marketingstrategie in einem Land, in dem jegliche Alkoholwerbung verboten ist. Und zwischen Sudhaus und Gärtanks gibt es dann und wann auch Livemusik. Über 100 verschiedene Biere sind so im Laufe der Zeit entstanden. Die Brauanlage der Mikrobrauerei stammt übrigens aus Oberbayern und wurde vom Spezialisten für Brauereitechnik Caspary aus Chieming nach Tromsø geliefert. Musikalische Inspiration ist Teil der Braukunst bei Mack und jeder Fermenter trägt den Namen einer Musiklegende. (Bild: D. Bünnagel) Getränke! 3 | 2025 | 17
Laden...
Laden...