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Leitartikel Wasserstoff

Leitartikel Wasserstoff aus biogenen Reststoffen THG-negativ und sofort zertifizierbar BtX-Anlage auf dem Lefkeshof 1. Motivation und Hintergrund Wasserstoff erlebt derzeit den größten Hype als klimafreundlicher Energieträger der Zukunft seit seiner Entdeckung. Nie zuvor wurde so viel privates und öffentliches Geld in Forschung, Entwicklung und Markthochlauf von Wasserstofftechnologien investiert wie in den letzten Jahren. Klar ist auch, dass Wasserstoff mit Bedacht eingesetzt werden muss. Er ist nicht nur schwieriger zu handhaben als Erdgas, sein Einsatz muss auch in Summe die sinnvollste Alternative darstellen. Meist ist das bei hohen Temperaturanforderungen in Industrieprozessen und großen Energiemengen bzw. Reichweiten, wenn man über den Verkehrssektor spricht. In Summe also überall da, wo PV- und Windstrom nicht über Elektrifizierung einsetzbar sind. Bei den aktuellen Diskussionen und Strategien zur Wasserstofferzeugung wird heute jedoch mit wenigen Ausnahmen (z.B. Bayerische Wasserstoffstrategie 2.0) der zentrale Fokus meist nur auf die Elektrolyse aus Wind- oder Solarstrom gesetzt [1, 2]. Ein langsam aber sicher in den Vordergrund rückender Hidden Champion ist in vielen Köpfen noch nicht angekommen: Wasserstoff aus biogenen Reststoffen. Diese Reststoffe sind zwar an sich begrenzt, heute aber aufgrund einer Vielzahl von Faktoren noch in großen Mengen ungenutzt, hier schlummern demnach noch enorme Energie- und CO 2 -Senkenpotentiale. Eine Vielzahl von Forschungsinstituten und Startups hat sich daher in den letzten Jahren der Entwicklung von Technologien zur Herstellung von biogenem Wasserstoff gewidmet. Im Fokus steht dabei die Wasserstofferzeugung aus Reststoffen wie Gülle, Mist, Klärschlamm, Biomüll, Gärrest, Restholz und potentiell weiteren Substraten, die von der EU-Kommission in der EU-Richtlinie 2018/2001 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen als nachhaltig deklariert werden [3]. Das nach wie vor hohe Potential zeigt eine Berechnung aus dem Beispiel der nationalen ungenutzten Gülle- und Mistvorkommen des Deutschen Biomasseforschungszentrums [4], woraus bei Unterstellung üblicher Gasausbeuten pro Tonne Feuchtmasse eine produzierbare Menge von rund 625.000 to a-1 Tonnen Wasserstoff pro Jahr mit einem THG-Minderungspotential von rund 17 Mto a-1 zu erwarten wäre. Dies entspricht bereits dem fünffachen Bedarf des gesamtdeutschen Busverkehrs, betrachtet aber noch nicht die freiwerdenden Mengen bei Aufgabe des Betriebes zahlreicher Bio gasanlagen zum Ende der EEG- Vergütung [5]. Biogener Wasserstoff bietet dabei ein sehr hohes Potential zur Beschleunigung des Hochlaufes, da sie durch die sehr großen THG-Minderungspotentiale (Negative THG-Bilanz durch CH4-Vermeidung oder Kohlenstoffspeicherung) hohe Erlöse auf dem Quotenmarkt erzielen können. Zudem bietet der Einsatz von Biomasse mittels CCU-Technologien die Möglichkeit, fossiles CO 2 zu substituieren und können als C-Quellen für die Herstellung von synthetischen Kraftstoffen dienen. Geschlossene Wertschöpfungsketten, z. B. vom Bioabfall bis ins Abfallsammelfahrzeug sind somit dezentral und wirtschaftlich umsetzbar. Die Autoren berichteten bereits 2023 gemeinsam über die in der F&E oder bereits im Demonstrationsstadium befindlichen Technologien und deren Reifegrade, der nachfol­ 10 GREEN EFFICIENT TECHNOLOGIES 2024

Leitartikel gende Artikel soll einen aktualisierten Überblick geben [6]. 1.1 Dampfreformierung von Biogas Die Dampfreformierung von Biogas unterscheidet sich nur geringfügig zur Wasserstoffproduktion aus Erdgas, birgt aber gewisse Herausforderungen an die Thermodynamik und die Erreichung hoher Effizienzen und wirtschaftlichen Anlagenkosten in der deutlich kleineren Skalierung. Aufbereitetes Wasser in Form von Dampf wird hier mit entschwefeltem katalytisch (meist mit Nickel) in ein Wasserstoffreichen Synthesegas reformiert. Durch einen Wassergas- Shift-Reaktor mit nachgeschalteter Kühlung und Druckwechseladsorption wird hieraus reiner Wasserstoff gewonnen. Das so genannte Tail-Gas der Abscheidung kann dann entweder verbrannt werden, um die Prozesswärme bereitzustellen oder einem parallellaufenden BHKW zugeführt werden, z.B. falls der Reformer strombetrieben ist. Die Verhinderung von Methanemissionen bei der Ausbringung von Gülle oder Mist durch die Nutzung in der Anlage wird als THG-Senke anerkannt. Außerdem kann in dieser Prozesskette problemlos CO 2 aus dem Gasstrom abgeschieden und genutzt werden, um die THG-Bilanz noch weiter ins Negative zu setzen. Derzeit laufen mehrere Pilotprojekte, die beiden Analgen mit dem höchsten Reifegrad sind der Tailgasbefeuerte Reformer der BtX energy GmbH auf dem Lefkeshof in Krefeld und der Elektroreformer der Sypox GmbH im Raum München. Ersterer dient einer kontinuierlichen Wasserstoffproduktion an bestehenden oder neuen Biogasanlagen mit Brennstoffzellenreinheit nach DIN17124. Die im BMWK-Projekt „BioH2Ref“-Anlage erreicht über 60 % Wirkungsgrad von Gas zu Gas und kann weitere 20 % Wärme für den Fermenter oder Heizungsanwendungen auskoppeln. Sie ist seit Oktober 2022 in Betrieb und fährt dort seither mit wissenschaftlicher Unterstützung durch das Institut für Ofenbau der RWTH Aachen unterschiedliche Versuchspläne ab. Da das Projekt bereits nachweislich in der realen Umgebung mit nichtsynthetischem Biogas betrieben wird und hochreinen Wasserstoff erzeugt, kann ein TRL von 78 unterstellt werden. Durch die gesetzliche Implementierung der Anerkennung als Bio kraftstoff im März 2024 konnte die Anlage mittels REDCert nur zwei Wochen nach Beschluss zertifiziert werden. Der Dampfreformer ist demnach die derzeit einzige Anlage mit einem gültigen Zertifikat für grünen Wasserstoff im THG-Handel und wartet nun nur noch auf die TÜV-Abnahme der Abfülleinheit. Elektrolyseure warten währenddessen noch auf ein zugelassenes Zertifizierungssystem. Der Sypox-Reformer arbeitet im Wesentlichen auf dem gleichen Prinzip, verfolgt jedoch eine andere Betriebsstrategie. Hier wird die benötigte Prozesswärme für die Umsetzung von Biogas zu Wasserstoff nicht durch Verbrennen von Gas erzeugt, sondern mittels Stroms bereit gestellt. Dadurch kann zum einen die Menge an produziertem Wasserstoff einer Biogasanlage erhöht werden. Zum anderen lässt sich Überschussstrom aus umliegenden erneuerbaren Energieanlagen (EE-Anlagen) für die Biogasreformierung nutzen. Diese Methode stellt eine kostengüns tige Möglichkeit zur Flexibilisierung von Biogasanlagen dar und erreicht eine beeindruckende thermische Effizienz von 95 %. Für Anlagenbetreiber eröffnet sich damit ein unkomplizierter Weg, auf die Produktion von Wasserstoff umzusteigen. Nach erfolgreichen Tests im Prototypenmaßstab unter Realbedingungen (2022), konzipierte SYPOX im Rahmen des EU-Projekts (EReTech) einen Container in kommerzieller Größe, für eine tägliche Wasserstoffproduktion von 400 kg. Bis Ende 2024 wird dieser Container die Wasserstoffproduktion aus Biogas bis zur Synthesegaserzeugung unter realen Bedingungen demonstrieren. Anfang 2025 plant SYPOX den Bau einer zweiten Pilotanlage mit gleicher Kapazität. Diese wird das erzeugte Synthesegas zu hochreinem Wasserstoff in Brennstoffzellenqualität aufbereiten. Die Inbetriebnahme ist für Sommer 2025 Abb. 1: Sypox-Anlage auf dem Biogasbetrieb vorgesehen. Mit dem Einsatz des ersten Prototyps erreichte die Technologie ein TRL von 6. Nach Abschluss der EU-Projekte plant SYPOX den Übergang zur seriellen Fertigung. 1.2 Dunkelfermentation In Biogasanlagen wird zugeführte Biomasse, bestehend aus bio logischen Abfällen wie Biomüll, Tiermist und Gülle sowie gezielt produzierter Biomasse wie Maissilage, durch mikrobielle Zersetzung in Biogas umgewandelt. Dieser komplexe bio logische Prozess der Biogas produktion gliedert sich in vier simultan ablaufende Reaktionsschritte, die im Fermenter einer Biogasanlage stattfinden: Hydrolyse, Acido genese, Acetogenese und Methano genese [7, 8]. Die Dunkelfermentation beschreibt speziell die anaerobe Vergärung von Biomasse ohne Licht, um Wasserstoff zu erzeugen. Bis zur Wasserstoffbildungsphase (Acetogenese) verlaufen die Prozesse der dunkelfermentativen Wasserstoffbildung und der Biogasproduktion identisch. Durch den gezielten Einsatz bestimmter Mikroorganismen und eine spezifische Prozesssteuerung kann bei der Dunkelfermentation der letzte Abbauschritt, die Methanbildung, verhindert werden [9]. Das Ergebnis ist ein Gasgemisch, das ausschließlich aus Wasserstoff und Kohlenstoff dioxid besteht. Der Prozess der Dunkelfermentation verläuft, ähnlich wie die Biogasbildung, unter anaeroben GREEN EFFICIENT TECHNOLOGIES 2024 11

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