INGREDIENTS Protein mit Potenzial Pflanzliche Produktinnovationen aus der Ackerbohne Ob als Ei-Ersatz in Backwaren oder als funktioneller Bestandteil in Milchalternativen – das Protein aus der Ackerbohne erweist sich als vielseitiger Allrounder für pflanzenbasierte Produkte. BENEO setzt mit einem neuen Verarbeitungswerk und innovativen Anwendungen auf das Potenzial der heimischen Hülsenfrucht. Im Interview mit food Technologie erklärt Fréderic Fernandes, Product Manager Functional Proteins bei BENEO, wie die Ackerbohnenzutat technologisch, wirtschaftlich und in Sachen Nachhaltigkeit überzeugt. FT: Pflanzliche Ernährung ist längst kein Nischenthema mehr. Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung? Fréderic Fernandes: Der Plant-Based-Trend hat sich im Mainstream etabliert, und das nicht nur bei Veganern oder Vegetariern. Besonders die Flexitarier treiben diesen Wandel voran. Laut dem Ernährungsreport 2024 des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat ernähren sich inzwischen 41 Prozent der Deutschen flexitarisch – sie verzehren also weniger tierische Produkte. 39 Prozent der Befragten kaufen öfters vegetarische oder vegane Alternativen. Das ist eine deutliche Veränderung gegenüber früheren Jahren. FT: Welche Rolle spielt die Ackerbohne in diesem Kontext? Fréderic Fernandes: Eine sehr spannende! Die Ackerbohne ist eine lokale Proteinquelle mit hervorragenden funktionellen Eigenschaften, die sowohl technologisch als auch wirtschaftlich überzeugt. Unsere Anwendungsexperten vom BENEO-Technology Center haben mit dieser fast vergessenen Kulturpflanze viele Testreihen durchgeführt und konnten unter anderem für Backwaren, Milchalternativen, Saucen, Fleisch- und Fischalternativen und in der Proteinanreicherung viele Vorteile feststellen. FT: Inwiefern ist sie technologisch interessant? Fréderic Fernandes Fréderic Fernandes: Das Protein aus der Ackerbohne ist sehr gut löslich und im Vergleich zu anderen pflanzlichen Proteinen besitzt es starke Emulgier-, Schaumbildungsund Bindeeigenschaften. Dadurch eignet sich unsere Zutat hervorragend als Ei- Ersatz – etwa in Muffins, Baiser oder Shortbread. Ei mit seinen zahlreichen Funktionen lässt sich meist nicht ohne Weiteres aus einer Rezeptur streichen. Mit unserem Proteinkonzentrat gelingt dies jedoch problemlos. In Tests zeigten sich die Muffins auf pflanzlicher Basis gleichwertig in Textur, Volumen und Geschmack im Vergleich zu Varianten mit Ei. Zusammen mit weiteren Zutaten von BENEO wie Reisstärke und Orafti ® Inulin aus der Zichorienwurzel lässt sich auch eine vegane Alternative zu Sahne herstellen, die bei kühler Lagerung während der gesamten Haltbarkeitsdauer stabil bleibt und beim Aufschlagen eine stabile Creme mit luftiger Struktur bildet. FT: Und wie sieht es mit herzhaften Anwendungen aus? Fréderic Fernandes: Auch da ist das Potenzial groß. Die Ackerbohnenzutat lässt sich äußerst vielseitig verwenden, daher testen un- 12 foodTECHNOLOGIE 4 · 2025 SEPTEMBER In Backwaren kann Ackerbohnenprotein problemlos Eier ersetzen – bei bestem Geschmack und angenehmer Textur.
INGREDIENTS Das Protein aus der Ackerbohne kann in vielen verschiedenen pflanzenbasierten Produkten eingesetzt werden. sere Anwendungstechnologen immer wieder neue Einsatzmöglichkeiten von pflanzlichen Käsealternativen bis hin zu Dressings. Wir haben beispielsweise eine vegane Alternative zu Mayonnaise kreiert. Mit einer hitzebehandelten Variante unseres Proteinkonzentrats können wir das Eigelb in der kalt verarbeiteten Rezeptur vollständig ersetzen und dennoch Geschmack und Textur des Originals nachbilden. Eine besonders spannende Entwicklung ist außerdem die Weiterverarbeitung eines Teils unserer Ackerbohnenzutaten zu pflanzlichen Meatless ® Texturaten in unserem niederländischen Werk in Goes. Als Konzentrat enthält das pflanzliche Protein nämlich noch Stärke, die für Textur und Wasserbindung sorgt. Die Texturate können in hybriden Produkten oder rein veganen Alternativen zu Fleisch eingesetzt werden und sorgen mit einem Proteingehalt von 13 Prozent für ein ansprechendes Nährtwertprofil. So decken wir bei BENEO mittlerweile größere Teile der Wertschöpfungskette ab und nähern uns dem Prinzip „vom Feld auf den Teller“. FT: Der Eier-Engpass hat ja vor allem in den USA für Schlagzeilen gesorgt. Aber auch hierzulande haben die Preise deutlich angezogen. Wie steht es um die Wirtschaftlichkeit der pflanzlichen Zutat? Fréderic Fernandes: Sehr gut. Unsere Versuche mit Muffins und Baiser zeigen, dass das Proteinkonzentrat aus der Ackerbohne in Rezepturen deutlich sparsamer eingesetzt werden kann als Ei, was zu niedrigeren Kosten führt – natürlich abhängig von den Rohstoffpreisen vor Ort. Dazu kommt eine stabile Preisstruktur und zuverlässige Verfügbarkeit von Ackerbohnenzutaten, was Herstellern im Vergleich zu Eiern zusätzliche Planungssicherheit bietet. FT: Wie bewerten Sie die Zutat aus ernährungsphysiologischer Sicht? Fréderic Fernandes: Auch da schneidet unser Proteinkonzentrat aus der Ackerbohne sehr gut ab. Dank der Trockenfraktionierung wird die Zutat nur minimal verarbeitet und behält natürliche Bestandteile wie Ballaststoffe, Mineralien und Vitamine. Es weist einen Mindestproteingehalt von 60 Prozent in der Trockenmasse auf und hat ein ausgezeichnetes Aminosäureprofil. So übertrifft es bei acht von neun essenziellen Aminosäuren die Anforderungen der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen und ermöglicht in Kombination mit beispielweise Reisprotein ein vollständiges Aminosäureprofil. In einem Schokodessert auf Kokosmilchbasis konnten wir einen Proteingehalt erzielen, der mit herkömmlichen milchbasierten Produkten vergleichbar ist. Das ist gerade für gesundheitsbewusste, sportlich aktive Konsumenten interessant. Lebensmittelhersteller können mit pflanzlichen Produkten auf Basis von Ackerbohnen-Zutaten somit Verbrauchergruppen ansprechen, die Wert auf Gesundheit, Geschmack und ökologische Verantwortung legen. FT: Stichwort ökologische Verantwortung…wie nachhaltig ist die Nutzung der Ackerbohne? Fréderic Fernandes: Als heimische Hülsenfrucht mit einer langen Geschichte als Lebens- und Futtermittel kann die Ackerbohne problemlos in Deutschland angebaut werden und punktet daher auch in Sachen Nachhaltigkeit. Wir haben im Frühjahr 2025 im pfälzischen Obrigheim eine eigene Verarbeitungsanlage eröffnet, in der wir unsere Ackerbohnenzutaten selbst herstellen – umweltschonend, ohne Wasser oder Chemikalien, mithilfe von Trockenfraktionierung und Strom aus erneuerbarer Energie. Die Bohne wird dabei im Sinne des „Zero-Waste“ Ansatzes vollständig verwertet: Das Protein und stärkereiches Mehl für die Lebens- und Futtermittelindustrie, die Schalen als Ballaststoffquelle für Tierfutter. Und als Leguminose verbessert die Ackerbohne sogar die Bodenqualität und reduziert Treibhausgasemissionen, da sie auf natürliche Weise Stickstoff bindet und den Bedarf an synthetischen Düngemitteln verringert. FT: Abschließend gefragt: Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung des Marktes? Welche Trends oder Herausforderungen erwarten Sie? Fréderic Fernandes: Ich bin überzeugt, dass der Plant-Based-Markt in den nächsten fünf bis zehn Jahren weiter stark wachsen wird – nicht nur in der Breite des Angebots, sondern auch in der Tiefe der Innovation. Verbraucher fordern zunehmend Produkte, die nicht nur pflanzlich sind, sondern auch nachhaltig, regional und ernährungsphysiologisch sinnvoll. Lokale Proteinquellen wie die Ackerbohne werden dabei eine immer wichtigere Rolle spielen, weil sie genau diese Anforderungen erfüllen. Wir werden mehr maßgeschneiderte Lösungen sehen – etwa für spezielle Ernährungsbedürfnisse – und eine stärkere Integration solcher Zutaten in Mainstream-Produkte. Auch das Hybridsegment sehen wir als wachsenden Markt – vor allem mit Blick auf die steigende Zahl der Flexitarier, die zwar weniger Fleisch essen, aber auch nicht ganz darauf verzichten möchten. Gleichzeitig stehen wir vor der Herausforderung, eine nachhaltige Ernährung für die wachsende Weltbevölkerung sicherzustellen. Innovative, funktionale Zutaten wie unser Ackerbohnen-Proteinkonzentrat können einen wichtigen Beitrag dazu leisten. FT: Vielen Dank Weitere Informationen: www.beneo.com Bildquelle: Beneo Zusammen mit weiteren Zutaten von BENEO lässt sich eine vegane Alternative zu Sahne herstellen, die beim Aufschlagen eine stabile Creme mit luftiger Struktur bildet. SEPTEMBER 4 · 2025 foodTECHNOLOGIE 13
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