MESSEN · ANUGA FOODTEC 2022 Smarte Impulse für eine digitale Zukunft Interview mit Prof. Dr. Katharina Riehn, Vorsitzende DLG-Fachzentrum Lebensmittel Die Leitmesse Anuga FoodTec 2022 bietet messebegleitend ein breit gefächertes Fachprogramm zu aktuellen Themen der Lebensmitteltechnologie. Prof. Dr. Katharina Riehn, Vorsitzende des Fachzentrums Lebensmittel der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft), gibt im Interview mit Ian Healey aus der Food Technologie Redaktion einen Überblick, was die Messebesucher vom 26. bis 29. April 2022 in Köln erwartet. FT: Frau Prof. Dr. Riehn, was macht für Sie die Stärke der Anuga FoodTec aus? Prof. Dr. Katharina Riehn: Angesichts der vielfältigen Herausforderungen, denen sich die Lebensmittelwirtschaft international gegenüber sieht, wird es immer wichtiger, die weltweit verfügbaren technischen und technologischen Möglichkeiten sowie die verfügbaren Kräfte in Forschung und Entwicklung im Blick zu haben. Eine wesentliche Stärke der Anuga FoodTec ist deshalb ganz klar ihre branchenübergreifende Konzeption, die nahezu die gesamte Lebensmittel- und Getränkeproduktion abdeckt und eine prozessorientierte Perspektive ermöglicht. Dieses Alleinstellungsmerkmal der Leitmesse spiegelt sich auch deutlich im umfangreichen Fachprogramm und in Form der beteiligten Partner wider. Vielfältige Lösungsansätze für die einzelnen Branchen, branchenübergreifender Technologietransfer, ein internationales Fachprogramm sowie die globale Vernetzung mit den verschiedensten Fachleuten der internationalen Lebensmittelwirtschaft sind gute Gründe für einen Besuch der diesjährigen Anuga FoodTec! FT: Wie lautet das diesjährige Leitthema der Anuga FoodTec? Prof. Dr. Katharina Riehn: Mit ihrem Leitthema „Smart Solution – Higher Flexibility“ benennt die Anuga Food- Tec 2022 wichtige Handlungsfelder, mit denen sich Unternehmen heute auseinandersetzen müssen, um im digitalen Zeitalter wettbewerbsfähig zu bleiben und Prof. Dr. Katharina Riehn sich bestmöglich zu positionieren. Prozesse in Entwicklung, Produktion und Logistik müssen zunehmend dynamisch reagieren, um ein Höchstmaß an Wandelbarkeit zu erreichen. Zentral gesteuerte Prozesse stoßen zunehmend an ihre Grenzen. Gefragt sind smarte Lösungen. Die hohe Komplexität im heutigen Maschinen- und Anlagenbau erfordert innovative und vernetzte Automatisierungssysteme auf Basis flexibler Produktionstechnologien. Diese gilt es systematisch in Neu- sowie Bestandsanlagen zu integrieren und so die Vorteile der Digitalisierung optimal zu nutzen. FT: Wie wird das komplexe Leitthema auf der Messe abgebildet? Auf welche Highlights können sich Messebesucher freuen? Prof. Dr. Katharina Riehn: Um das Leitthema „Smart Solutions – Higher Flexibility“ während der Messe durchgehend zu beleuchten, haben wir bei der Konzeption der Veranstaltungsformate drei Aspekte berücksichtigt: es wird eine hochkarätig besetzte Eröffnungskonferenz zur Thematik geben, an der auch Bundesernährungsminister Cem Özdemir teilnehmen wird. International anerkannte Experten werden hier die relevanten Facetten der Materie beleuchten. Zudem wird das umfangreiche Fachprogramm der Anuga FoodTec das Thema branchenspezifisch in vielen Sessions aufgreifen. Messebesucher erhalten zudem die Möglichkeit, während geführter Messerundgänge, den „Guided Tours“, einen kompakten und zugleich informativen Überblick über Neuerungen im Bereich der fortschreitenden Digitalisierung und ihrer Chancen zu erhalten. FT: Welche Themen bespielen Sie im Fachprogramm über das Leitthema hinaus? Prof. Dr. Katharina Riehn: Neben den zahlreichen persönlichen Gesprächen mit Ausstellern bietet das umfangreiche Fachprogramm den Messebesuchern wieder vielfältige Impulse. Wir beleuchten neben dem Leitthema eine Vielzahl aktueller Themen der Lebensmitteltechnologie und verknüpfen neueste wissenschaftliche Erkenntnisse mit der unternehmerischen Praxis. Bei rund 200 Vorträgen verteilt auf ca. 90 Stunden ist bestimmt für jeden das Passende dabei! „Intelligente Verpackung“, „Sicherheit bei Schüttgütern“, „Smarte Lösungen für die Qualitätserkennung“, „Künstliche Intelligenz – Science Fiction oder Gamechanger“, „Bestandsmaschinen in Industrie 4.0 integrieren“, „Kosten- und ressourceneffiziente Produktion pflanzlicher Proteine im industriellen Maßstab“ oder „Hygiene und Listerien“ sind nur einige Themen, die auf der Anuga FoodTec von Branchenexperten beleuchtet werden. Einen Überblick über alle Sessions bietet die Website der Anuga FoodTec. FT: Welche aktuellen Trends sind außerdem in der Lebensmittelindustrie zu beobachten? Prof. Dr. Katharina Riehn: Nachhaltigkeit auf ökonomischer sowie ökologischer Ebene bestimmt als globaler Trend derzeit zusammen mit der digitalen Transformation maß- 36 foodTECHNOLOGIE 2· 2022 APRIL
ANUGA FOODTEC 2022 · MESSEN geblich und themenübergreifend die Innovationen der Lebensmitteltechnologie. Auch erfordern neue Formen der Lebensmittelproduktion neue Technologien. Ich denke etwa an Verpackungsreduktion, Food-Upcycling, alternative Proteinquellen oder künstliches Fleisch. Schonende Haltbarmachungsverfahren mit der PEF-Induktion oder Hochdruckbehandlung rücken ebenfalls immer mehr in den Fokus. FT: Mit welchen Herausforderungen wird die Lebensmittel- und Getränkeindustrie in den nächsten Jahren konfrontiert werden? Prof. Dr. Katharina Riehn: Der nachhaltige Umgang mit natürlichen Ressourcen, die Emissionsreduktion und die Klimaneutra- lität sind die zentralen Herausforderungen der Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Ziel muss es sein, nachhaltige Technologien zu wählen, die Effizienz deutlich zu steigern und die Wertschöpfung der daraus hergestellten Produkte zu optimieren. Die Anuga FoodTec bietet hier viel Inspiration! FT: Welche innovativen Verfahren etablieren sich gegenwärtig in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie? Prof. Dr. Katharina Riehn: Mithilfe mo- derner Technologien, wie etwa intelligenter Sensoren, gelingt es, Fehler im Produktionsablauf besser und schneller zu erkennen. So lassen sich die Funktionen der Anlagen in Echtzeit überwachen und kontrollieren. Maschinenstillstände werden ziert, die Verlässlichkeit der ontime-delivery redusteigt und die Produktivität verbessert sich. Wegweisende technologische Entwicklungen zeichnen wir alle drei Jahre mit dem International FoodTec Award (IFTA) aus. Auf der Anuga FoodTec präsentieren die Gold-Preisträger im Rahmen der „Winner Talks“ am 26. April ihre Innovationen und Visionen. Ich kann dazu nur Jeden herzlich einladen! Innovative Verfahren und Anlagen sowie Beispiele von IFTA-Gewinnern sind solche,… • die eine hohe Flexibilität für Kundenwünsche und Rezepturänderungen aufweisen (z.B. All-in-one Form- und Schneidesystem FS 525, Albert Handtmann Maschinenfabrik GmbH & Co. KG) • die effizient für die Einsparung von Energie und Rohstoffen sorgen (z.B. IDEAL Whey Separation, GEA Westfalia Separator Group GmbH) • die die Qualität und die Sicherheit der Produkte verbessern (z.B. EGS: Entwicklung eines neuartigen Systems zum Evakuieren, Begasen und Verschließen von Babymilchpulver-Behältnissen OPTIMA consumer GmbH) • oder die Mitarbeiter bei der Herstellung unterstützen bzw. schützen (z.B. Selbstlernendes Assistenzsystem für Bediener von Maschinen, Peerox GmbH, Finger Protection System (FPS), MADO GmbH) FT: Welche Rolle spielt bisher die Robotik und Automation in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie? Prof. Dr. Katharina Riehn: 85.000 Roboter haben seit 2016 Einzug in die Konsumgüterindustrie gehalten. Davon finden 54.000 in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie Anwendung: Heute kann fast jede Stufe der Lebensmittelverpackung durch Automatisierung verbessert werden. So rationalisieren und optimieren beispielsweise bildgestützte Roboterarme, fahrerlose Transportfahrzeuge, Delta-Roboter und fortschrittliche Kontrollsysteme Prozesse, um strenge Lebensmittelsicherheits- und Qualitätsstandards zu gewährleisten. Die Integration automatisierter Geräte in kritische Produktionsbereiche verbessert Qualität, Effizienz, Ergonomie und Hygiene. Für 38 von 46 befragten Unternehmen dient Robotik vor allem der Arbeitserleichterung, um Mitarbeitende von schweren oder monotonen Tätigkeiten zu entlasten, hat unser aktueller DLG-Trendmonitor Robotik ergeben. APRIL 2 · 2022 foodTECHNOLOGIE 37
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