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fng Magazin 6/2021

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von drei seiten

von drei seiten betrachtet Sie tragen klangvolle Namen, unsere Kartoffeln. Sie heißen Sieglinde, Annabelle, Rote Emmalie oder Linda, um nur einige zu nennen. Jetzt, in den Wochen um die Weihnachtszeit, kommen sie als traditionelle Beilagen zu festlichen Gerichten besonders häufig auf den Tisch. Doch das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Verbrauch an Kartoffeln generell im Sinkflug befindet. Eine Hommage gute, alte Kar es den Menschen so wenige Jahre nach dem 1950als Krieg wirtschaftlich nicht besonders gut ging, verspeiste jeder Bürger in Deutschland durchschnittlich 202 Kilo Kartoffeln im Jahr, jetzt sind es nur noch 57 Kilo, und mehr als die Hälfte davon stecken in verarbeiteten Produkten: Pommes Frites, Püree, Kartoffelnudeln, Puffer, Reibekuchen, Gnocchi, Kartoffelsalat, Grillkartoffeln, und wie sie alle heißen. Aber die frische Kartoffel, die in der heimischen Küche zu wirklich tollen Gerichten gezaubert werden kann, verliert zunehmend ihre Wertschätzung. Das Image der guten alten Salzkartoffel oder der Petersilienkartoffel hat gelitten. Diese Zubereitungsarten finden sich vornehmlich noch auf den Speisekarten solider Landgasthöfe zum Schweinebraten oder zum Gulasch. Irgendwie gelten sie bei der jüngeren Generation als veraltet, als überholt und aus den Erzählungen der Großeltern abgeleitet als „arme Leute Essen“. Dieser reichlich abfällige Ruf wird der Knolle, wie sie von ihrem immer noch großen Anhängerkreis oft liebevoll genannt wird, nun wirklich nicht gerecht. „Diese Meinung entspringt doch nur der Tatsache, dass frische Kartoffeln in der Küche von Hand zubereitet werden müssen“, sagen die Knollenfreunde genervt, „das erfordert Arbeit. Kartoffeln müssen geschält oder in Scheiben geschnitten, oft auch in Öl gewälzt, gepfeffert und in den Backofen gelegt werden. Für immer mehr Leute ist das ein zu großer Aufwand.“ Salopp interpretiert heißt das, die Leute sind zu faul zum Kartoffelschälen. Hunderte von Varianten, aber niemand kennt sie Kartoffelbauern sind ein bisschen besorgt darüber, dass ihrem Bodengemüse immer weniger Respekt gezollt wird. Um den Konsumenten die frische Speisekartoffel wieder stärker schmackhaft zu machen, wurde der „Arbeitskreis Kartoffel des Jahres“ gegründet, der alljährlich eine Sorte prämiert. Damit soll die Knolle den Verbrauchern durch Publikation in den Medien stärker ins Bewusstsein gerückt und auf die Vielfalt dieser Spezies aufmerksam gemacht werden. Die ist wirklich gewaltig. Das Ernährungsministerium in Berlin hat ermittelt, dass es weltweit 5.000 Kartoffelsorten gibt. In Deutschland wachsen auf den Äckern um die 350 Varianten. Aber nur wenige Menschen kennen sie, weil im Handel kaum mehr als 8 MAGAZIN 6 2021

von drei seiten betrachtet an die toffel zehn angeboten werden. Das liegt am Preis, sagen die Landwirte. Der Anbau ist je nach Sorte mal weniger kostenintensiv, mal finanziell aufwendiger. Und die Kunden in den Geschäften gucken nun mal in erster Linie auf den Preis. Dabei hat jede Sorte ihre Vorzüge und ihren eigenen Geschmack. Mal ist die Kartoffel am Gaumen nussig, mal buttrig, mal fruchtig, speckig oder würzig. Doch der Verbraucher im Markt sucht nur nach den Angaben mehlig, festkochend oder vorwiegend festkochend. Aber richtig beklagen über ihren Absatz können sich die Landwirte nicht. Die Bundesrepublik ist ein großes Kartoffelland. Allein im vergangenen Jahr betrug die Erntemenge rund 11,6 Millionen Tonnen. Die Hauptanbaugebiete liegen in Nord- und Westdeutschland sowie im Südosten. Mit rund 45 Prozent an der Gesamtfläche liegt Niedersachsen an der Spitze. Das lässt sich leicht begründen. Denn die Kartoffel stellt keine sonderlichen Ansprüche an Klima und Boden. Sie gedeiht in eher kühleren Regionen und selbst auf sandigem Areal. Also ist das nördliche Bundesland geradezu ein Paradies für ein gutes Wachstum der Knollen. Dass die Kartoffel selbst mit schlechten Böden zurechtkommt, zeigt schon, woher sie ursprünglich stammt. Aus Peru nämlich, 3.000 bis 4.000 Meter hoch in den Anden gelegen. Papa nannte man sie dort, das heißt Knolle. Die spanischen Kolonialisten brachten sie im 16. Jahrhundert nach Europa. In den Fürstenhäusern galt sie wegen ihrer hübschen weiß-lila Blüten als seltene Kostbarkeit. Als wichtiges Nahrungsmittel wurde sie erst später entdeckt. Da fand man heraus, wie schmackhaft eine gekochte oder über dem Feuer gegarte Kartoffel ist und welchen Ertrag eine einzelne Pflanze bringt. So avancierte sie allmählich zum Nahrungsmittel. Mit einem Trick überzeugte der Alte Fritz die Bauern In Deutschland hat daran der Preußen-König Friedrich der Große seinen Anteil, wird jedenfalls so berichtet und wurde nie widerlegt. Weil in seiner Regentschaft von 1740 bis 1772 diverse Hungersnöte grassierten, wies er die Bauern an, Kartoffeln anzubauen. Doch die kamen diesem Befehl nur zögerlich nach, weil sie von der ihnen noch unbekannten Pflanze wenig hielten. Da half der Alte Fritz, wie er im Volksmund genannt wurde, mit einem Trick nach. Er ließ einen Kartoffelacker von Soldaten umstellen und bewachen. Da wurden die Bauern stutzig. Wenn der Alte die Kartoffeln schützen lässt, müssen sie wohl wertvoll sein, dachten sie, stibitzten nachts heimlich viele Pflanzen und setzten sie in ihre Äcker. So verbreitete sich die Kartoffel allmählich im ganzen Land. Weltweit ist die Kartoffel gegenwärtig das viertwichtigste Grundnahrungsmittel, nach Reis, Weizen und Mais. Sie hat allerdings eine deutliche ökologische Überlegenheit. Im Durchschnitt werden über den Erdball betrachtet 1.400 Liter Wasser benötigt, um ein Kilo Weizen zu ernten. Für ein Kilo Reis sind es 2.500 Liter und fast 17.000 Liter, um ein Kilo Rindfleisch zu erzeugen. Für die gleiche Menge Kartoffeln sind es gerade mal 130 Liter. Und auch in ihrem Innern weist die Knolle enorme Vorzüge auf. Sie besteht zu etwa 78 Prozent aus Wasser und enthält so gut wie kein Fett. Dafür aber verfügt sie über viele Mineralstoffe und Vitamine. Mit 17 Milligramm pro 100 Gramm hat sie sogar mehr Vitamin C als ein Apfel. In Deutschland überwiegt beim Kartoffelanbau die konventionelle Erzeugung. Geschätzt stammen weniger als zwei Prozent der Ernte aus ökologischem Anbau. Die Erträge sind so hoch, dass sie zu mehr als 100 Prozent den Selbstversorgungsgrad übertreffen. Die Verarbeitungsbetriebe sind überwiegend in den Hauptanbaugebieten angesiedelt. Dies ist ökologisch sinnvoll, weil die Transportwege für Industriekartoffeln nur kurz sind. Im Inland wurden im vergangenen Geschäftsjahr 5,6 Millionen Tonnen Kartoffeln als Frischware oder in Form von veredelten Erzeugnissen abgesetzt. Der große Rest ging in den Export oder wurde zu Stärke verarbeitet. Das ist ein mittlerweile wichtiger Zweig der Kartoffelwirtschaft und beträgt 20 Prozent der Ernte. Zwei Drittel davon gehen ins Ausland. Viele Unternehmen existieren hierzulande vom Kartoffelanbau in Deutschland, wenn man nur an das unerschöpfliche Angebot von Artikeln auf Kartoffelbasis in den Kühlbereichen und den Tiefkühlaggregaten des Handels denkt. Die Auswahl zeigt, dass die Kreation von Kompositionen mit der Knolle unermesslich ist. Deshalb zählt sie natürlich immer noch zu den beliebtesten Lebensmitteln in Deutschland. Denken wir nur an das Lieblingsgericht der meisten Verbraucher an Heiligabend: Würstchen mit Kartoffelsalat. Und Spiegelei mit braun gerösteten Bratkartoffeln darf auf einem Speiseplan nie fehlen. Sie hat es wirklich verdient: Diese Hommage an die Kartoffel! fng-magazin: Der Markenmonitor für den Lebensmittelhandel 9

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