Werkstoffe LACH DIAMANT – 100 Jahre Tradition. Leidenschaft. Innovation 4. Teil: Wie die NASA half ein neues Produkt zu beflügeln „Als ich im Jahre 1908 zum ersten Mal in meinem Leben einen Diamant in die Hand nahm, hätte ich mir nicht träumen lassen, dass eines Tages Diamant als Schneidstoff nicht nur in der Automobil-Industrie sondern auch zur Zerspanung von Holz und Kunststoffen eingesetzt werden kann.“ Jakob Lach, der Firmengründer, sprach diesen Satz 1980 vor laufender Kamera aus. Es sollte das Vorwort zur ersten Präsentation einer neuen Technik für die Zerspanung von Holz und Kunststoffen werden – dem Einsatz von Diamant als Schneidstoff – dem Dia-Werkzeug. Dieses Video, dessen Ton in mehrere Sprachen übersetzt wurde, hat auch heute noch von seiner Aktualität der geeigneten Werkzeuge beim Einsatz für die Fertigung in der Möbel-, Fußboden- und Kunststoff-Industrie nichts eingebüßt; das Video kann unter https://bit.ly/LACHDIAMANT abgerufen werden. Firmengründer Jakob Lach 1894 – 1984 War es noch 1957 ein piepsender Erdtrabant, der uns fast ungläubig zum Himmel blicken ließ, so machte uns zwölf Jahre später eine breiter aufgestellte Medienwelt darauf aufmerksam, dass längst eine neue Zeit begonnen hatte. Das war der 20. Juli 1969 – die erste kontrollierte Landung eines Menschen auf dem Mond. Erstmals in der Geschichte der Menschheit betrat ein Mensch einen fremden Planeten. Vor beiden Ereignissen finden wir die Entwicklung des ersten menschgemachten Diamanten – von dem Hersteller General Electric seinerzeit als »Man-made Diamond« bezeichnet. Der Beginn des „diamantenen Zeitalters für die Technik“ war so gekennzeichnet: für immer fortschreitende Entwicklung und Präzision – die ihren ersten allseits erkennbaren Beweis mit dem Landen eines Erd- Vehikels auf dem Mond-Trabanten zeigen sollte. Schritte und Hinweise, die den Lauf von LACH DIAMANT fortan begleiteten: Stand 1969. Im Firmensitz, Stammhaus und Elternhaus – Hanau, Bruchköbeler Landstr. 39 – wurde es eng, sowohl im Betrieb als auch im Büro. Von der eingeschränkten Nutzung der Wohnräume meiner Eltern ganz zu schweigen. Der Verkauf kunststoffgebundener Diamant-Schleifscheiben „K-MC“ sorgte Monat für Monat für neue Rekorde; ein Resultat der seit 1967 verarbeiteten metallüberzogenen Diamant-Körnungen, die erstmals das Schleifen von Hartmetall wirtschaftlich möglich machten. Jakob Lach gab 1968 den Startschuss für den Bau eines Betriebs- und mehrstöckigen Bürogebäudes auf dem per dato noch brachliegenden Grundstück Nr. 41. Drehund Schleifmaschinen und moderne Hochleistungs-Heiz-Pressen für die Scheibenfertigung wurden bestellt und neue Fachkräfte angeworben. Der Umzug in das neue Gebäude wurde 1969/70 vollzogen. Alles schien für den auf fünf Jahre ausgelegten Plan für weiteres Wachstum der Natur-Diamant-Schleiferei, für Fertigung und Service von Abricht-Diamant-Werkzeugen und Drehdiamanten für das Überdrehen von Kupfer-Kollektoren (Bosch, Siemens, AEG etc.) gesichert. Anders als gedacht Und dann kam eine Entwicklung, die sich der seinerzeitige (1957) Erstanbieter von »Man-made Diamonds« wohl ursprünglich anders gedacht hatte. Plötzlich und unerwartet wurde die Schleifindustrie Anfang Start mit Borazon® – dem Schleifmittel einer neuen Zeit. Stammhaus Bruchköbeler Landstraße 39 – Diamant-Schleiferei und erster Anbau Schleifscheibenfertigung. 22 dihw 14 4 · 2022
Werkstoffe Horst Lach (rechts) und Kurt Wagner (†) in einer Abteilung der Industrie-Diamanten-Schleiferei. Borazon® – kubisch kristalline Bornitrid-Körnung – metallüberzogen. 1969 mit einem Schleifmittel konfrontiert, das es bis dahin (in der westlichen Industrie) nicht gab: „cubic boron nitride“ unter dem Namen „Borazon“; kubisch kristallines Bornitrid (CBN), spezifisches Gewicht 3,48, thermische Widerstandsfähigkeit 1400° C, Härte nach Knoop 4.700. Im Vergleich zu Diamant zwar in Härte unterlegen (Diamant = 7.800 nach Knoop), dafür jedoch an thermischer Widerstandsfähigkeit deutlich überlegen (Diamant = ca. 820°C). Borazon®/CBN – verarbeitet in kunstharz- und metallgebundenen Schleifscheiben mit großem Potenzial für das Schleifen gehärteter hochlegierter Stähle. Heute könnte ich mich auf die These versteifen, dass die „kleine Diamant-Industrie“ zu Beginn der General Electric-Verkaufskampagne nicht zu den gesuchten Adressaten für dieses neue Schleifmittel gehört hat. Das kann man allein schon daraus folgern, wie dieses neue Material von GE verkauft werden sollte: Nicht Karatweise wie Diamant, sondern per Gramm, wobei ein Gramm Borazon®/CBN zum stolzen Preis von fünf US-Dollar (damals teurer als Gold) angeboten wurde. Die klassischen Schleifscheiben-Hersteller für die Stahlbearbeitung konnten zu dieser Zeit (zum Leidwesen von GE) mit diesem „überlegenen“ Schleifmittel für das Schleifen gehärteter Stähle nichts anfangen: kurzum, alle Ressourcen angefangen von Personal,- Labor-, Formen- und Pressenkapazitäten fehlten, um sich mit diesem aufwändigen neuen Schleifstoff zu beschäftigen. Der Zufall hilft Diamant-Schleifscheiben in Kunststoffund Metallbindungen in guter Qualität herzustellen, hatte man seit 1963 gelernt. Doch was sollte man mit diesem neuen Schleifmittel „Borazon“ – einem kubisch kristallinen Bornitid (Kurzbezeichnung CBN) anfangen? General Electric empfahl, damit Schleifscheiben für das Stahlschleifen herzustellen. Einsatzbedingung sollte ausschließlich Nassschliff sein bei einer Schnittgeschwindigkeit von 28 m/sec. Der Haken dabei war allerdings, dass die wenigen Gramm des Testmaterials, das wir für erste Versuche erhielten, noch nicht einmal ausreichten, um damit beispielsweise eine Umfangscheibe 200 x 10 mm für eine Jung-Flachschleifmaschine zu fertigen. Aber warum erst Flachschleifen, versuchen wir das neue CBN-Korn doch gleich beim Werkzeugschleifen. Gesagt, getan – die ersten CBN-Schleifscheiben für das Werkzeugschleifen entstanden: eine Topfscheibe 125 x 12,5 und eine Kegeltopf-Schleifscheibe 11V9-125 x 3. Der Test sollte jetzt bei einem unserer damals besten Diamant- Schleifscheiben-Kunden, der Firma Simon in Neu-Isenburg, Hersteller von Stähleund Werkzeugschleifmaschinen, stattfinden. Doch zuerst war die Enttäuschung groß. Es war weder möglich, den Versuch im Nassschliff durchzuführen, noch war die geforderte Schnittgeschwindigkeit von 28 m/sec. erreichbar – eine Stähle-Schleifmaschine der Type L15 stand für die Topfschleifscheibe mit nur 18 m/sec. zur Verfügung. „Naja, wenn Sie schon da sind“, sagte der Maschinenbediener und der Test mit einem eingespannten HSS-Drehstahl begann. „Schleifgeräusch – Klang – hervorragend – kein „blau anlaufen“. Das Ding funktionierte mit den gewählten Maschinenbedingungen und CBN-Volumen V120 (12 % CBN-Volumen-Anteil) anstatt der von General Electric empfohlenen V240 (24 % CBN-Volumen-Anteil) der Schleifscheibe. So war die Entscheidung für LACH DIAMANT gefallen. Wir hatten per Zufall die erste weltweit funktionierende Borazon®/ CBN-Werkzeugschleifscheibe in unseren Händen – und gleichzeitig das Geheimnis der richtigen Schnittgeschwindigkeiten für den Trocken- und Nassschliff von CBN-Schleifscheiben entziffert, die noch bis heute richtungsweisend sind. Trotz aller folgender Versuche mit diversen Kühl- Emulsionen. Die erste Hannover Frühjahrsmesse 1969 stand an. Eine weitere historische Entscheidung wurde gefällt: Ab sofort wurde Erfolgreiches HSS-Werkzeugschleifen mit Borazon®. Erstmals sichtbar gemachte HSS- Rollspäne nach dem Schleifen mit Borazon®/CBN. dihw 14 4 ·2022 23
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