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dihw MAGAZIN 2/2022

Die seit 2009 bestehende deutschsprachige Fachpublikation dihw MAGAZIN – DIAMANT HOCHLEISTUNGSWERKZEUGE – unabhängige Fachzeitschrift für PKD, PVD, CVD, CBN, Hartmetall – berichtet in einem vierteljährlichen Turnus über Werkzeuge zur Bearbeitung von Metallen, Metalllegierungen, Verbundwerkstoffen, Naturstein, Beton, Holz und Holzprodukten, Glas sowie sonstigen Produkten bis hin zum Wasserstrahlschneiden mit Diamantdüsen von Tiefkühlprodukten.

News & Facts –

News & Facts – Forschung Neue Strategien zur Fertigung von Turbomaschinenkomponenten In einem einzigen Anlauf fertigte ein Forschungsteam des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT in Aachen kürzlich eine Titan-Blisk aus einem 230 Kilogramm schweren Rohteil. Dem Team gelang es in einem 300-stündigen Fertigungsprozess, den hochkomplexen Prototyp fehlerfrei herzustellen. Auf die sonst üblichen und kostspieligen iterativen Schritte bis zur Fertigstellung des Bauteils konnten die Wissenschaftler dank neuer digitaler Verfahren zur Simulation und Prozessauslegung vollständig verzichten. Das Team rund um die Prototypenfertigung des Fraunhofer IPT fertigte kürzlich eine Blisk von rund 650 Millimeter Durchmesser und einer Schaufellänge von etwa 250 mm aus einem einzigen Rohteil. Bei dem Bauteil handelte es sich um eine maßstabsgerecht verkleinerte Fan-Blisk, das vorderste und größte Schaufelrad des Triebwerks. Die Blisk besteht aus Ti6Al4V, einer besonders schwierig zu zerspanenden Titanlegierung. Entworfen hatte die Blisk das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR), um sie anschließend, gemeinsam mit dem Institut für Flugantriebe und Strömungsmaschinen der Technischen Universität Braunschweig und Rolls-Royce Deutschland im Rahmen eines vom Land Niedersachsen im EFRE-Programm geförderten trilateralen Forschungsprojekts für Versuche auf dem Querwindprüfstand für Luftfahrtantriebe in Braunschweig einzusetzen. „First Part Right“-Strategie zur Fertigung des Blisk-Prototyps Die Fertigung der Fan-Blisk stellte das Fraunhofer-Team vor gleich mehrere Herausforderungen. Einige lagen in der geforderten Größe des Bauteils und den verhältnismäßig langen Fanschaufeln begründet, andere hatten mit den enorm hohen Anforderungen an die Prozesskette zu tun, denn eine Fan-Blisk solcher Größe aus einem Stück zu fertigen, ist Pionierarbeit. Aus einem 230 Kilogramm-Rohling frästen die Wissenschaftler des Fraunhofer IPT eine Fan-Blisk mit rund 650 Millimeter Durchmesser - ohne vorherigen Testlauf. Rund 230 Kilogramm brachte der Rohling auf die Waage, als er in der Maschine aufgespannt wurde. Am Ende wog das fertige Bauteil nur noch 22 Kilogramm. Es galt also, eine enorme Menge Werkstoff prozesssicher und innerhalb extrem enger Toleranzen zu zerspanen. Da die Forscherinnen und Forscher produktionstechnisches Neuland betraten, mussten sie neue Fertigungsstrategien für die Dreh- und Fräsbearbeitung ermitteln und auswählen. Aufgrund des enorm hohen zu zerspanenden Werkstoffvolumens entschied das Team aus ökonomischen und ökologischen Gründen, die sogenannte „First-Part-Right“-Strategie anzuwenden. Bei dieser Strategie wird das Bauteil gefertigt, ohne dass der Prozess zuvor an einem Auslegungsbauteil erprobt wird. Um eventuelle Abweichungen oder sonstige kritische Zustände frühzeitig vorherzusehen und ausgleichen zu können, setzte das Team verstärkt auf digitale Methoden in allen Prozessabschnitten: von der CAM-Planung über die Prozessauslegung bis zur Qualitätsüberwachung während der Fertigung. Automatische Ermittlung passender Spindeldrehzahlen, um Bauteilschwingungen zu vermeiden Nach 300 Stunden Bearbeitungszeit übergab das Fraunhofer-Team dem DLR die Blisk in Köln. Die langen Fanschaufeln geraten bei der Fräsbearbeitung in Schwingung. Um das zu vermeiden, mussten die Forscherinnen und Forscher besonders für das Schlichten der Oberfläche vorteilhafte Spindeldrehzahlen ermitteln. Dazu bestimmten sie kontinuierlich die Werkstückdynamik, die sich während des Fräsprozesses ständig verändert. Das Team nutzte dazu sowohl Referenzmessungen mit dem Laservibrometer als auch Simulationen anhand der Finite Elemente-Methode (FEM). Um die passenden Spindeldrehzahlen automatisch auszuwählen, verwendete das Team eine selbst entwickelte Software, die auf Basis der Eigenfrequenzen von Werkzeug und Werkstück arbeitet. Nach rund 300 Stunden Bearbeitungszeit war es geschafft: Die Fan- Blisk war fertig, die Strategie war aufgegangen. Vor einigen Tagen übergab das Team des Fraunhofer IPT den Projektpartnern des DLR das Bauteil für den Prüfstandeinsatz. weitere Infos: www.ipt.fraunhofer.de 20 dihw 14 2 · 2022

News & Facts – Forschung Mit Quantencomputing zum vollständigen Digitalen Zwilling für die Produktion Der Digitale Zwilling ist eine Schlüsseltechnologie, um Produktionsprozesse und Bauteile zu optimieren und die Wirtschaftlichkeit der Fertigung zu erhöhen. Bei der Erzeugung eines vollständigen Digitalen Zwillings kommen komplexe und rechenintensive Simulationsmodelle zum Einsatz, was den Einsatz in der industriellen Praxis sehr erschwert. Mit dem Forschungsprojekt „QUASIM“ verfolgen das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT aus Aachen und ihre Konsortialpartner das Ziel, Fertigungssimulationen mithilfe unterschiedlicher Algorithmen und Technologien des recheneffizienten Quantencomputings zu beschleunigen und dadurch Hürden für den industriellen Einsatz abzubauen. DÜSSELDORF, 21.–24. JUNI Zeitgleich mit wire und Tube POWER YOUR BUSINESS Die Hochleistungszerspanung ist eine wichtige Technologie zur Produktion von High-Tech-Komponenten in Industrien wie Triebwerksbau, Halbleiterindustrie und Medizintechnik. Trotz der hohen Effizienz moderner Zerspanprozesse betragen die Produktkosten, je nach Bauteil, oftmals mehrere tausend bis hunderttausend Euro. Ein erheblicher Anteil dieser Kosten entsteht bei zeit- und kostenintensiven Produktionsanläufen sowie durch Qualitätsmängel und Ausschuss innerhalb der laufenden Produktion. Die Prozessauslegung, -optimierung und -überwachung auf Basis eines Digitalen Zwillings gewinnt deshalb zunehmend an Bedeutung. Digitale Zwillinge sind virtuelle, datenbasierte Repräsentationen der Bauteile sowie der Fertigungsumgebung. Die Erstellung eines vollständigen Digitalen Zwillings erfordert den Einsatz anspruchsvoller numerischer Simulationsmodelle und Algorithmen des Machine Learning. Die Modelle bilden den Fertigungsprozess und seine Auswirkungen auf das Bauteil zwar präzise ab, ihre Ausführung ist jedoch derart rechenintensiv, dass die reale Anwendung in der Industrie heute noch auf sich warten lässt. Hier fehlt es vielen Unternehmen an einer entsprechend leistungsstarken digitalen Infrastruktur. Das Forschungsprojekt „QUASIM – Quantum Computing Enhanced Service Ecosystem for Simulation in Manufacturing“ verbindet erstmals Quantencomputing (QC) und die metallverarbeitende Industrie: Ziel der Projektpartner ist die Entwicklung und Erprobung von Lösungen des Quantencomputings in der Fertigung, etwa für Zerspanprozesse. Sie möchten herausfinden, inwiefern eine QC-Unterstützung die Erstellung eines Digitalen Zwillings in der Zerspanung beschleunigen und damit die Ergebnisqualität verbessern kann. weitere Infos: www.ipt.fraunhofer.de WIE... MESSE 22. Internationale Messe für Technologien der Metallbearbeitung Alle Innovationen und Trends der Branche endlich wieder live und im persönlichen Austausch. Zusätzlich ergänzen digitale Angebote das Messeerlebnis mit direktem Zugriff auf Anwendungsbeispiele der Aussteller: POWER YOUR BUSINESS. METAV.DE Der IBM Quantum System One steht am Fraunhofer IAF in Ehningen. Es ist der bisher leistungsfähigste Quantencomputer in Europa. SUPPORTED BY dihw 14 2 ·2022 21

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