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dihw MAGAZIN 1/2022

Die seit 2009 bestehende deutschsprachige Fachpublikation dihw MAGAZIN – DIAMANT HOCHLEISTUNGSWERKZEUGE – unabhängige Fachzeitschrift für PKD, PVD, CVD, CBN, Hartmetall – berichtet in einem vierteljährlichen Turnus über Werkzeuge zur Bearbeitung von Metallen, Metalllegierungen, Verbundwerkstoffen, Naturstein, Beton, Holz und Holzprodukten, Glas sowie sonstigen Produkten bis hin zum Wasserstrahlschneiden mit Diamantdüsen von Tiefkühlprodukten.

Werkstoffe A.

Werkstoffe A. Lümkemann, R. Zemlicka, Y. Li, P. Tapp, H. Bolvardi Optimierung des Plasmaätzens von komplexen Geometrien dank des 3-D-Ätzindikator von PLATIT Verschleißfeste Hartstoffschichten und innovative Präparationen der Schneidkante haben Schlüsselrollen bei der Optimierung von Präzisionswerkzeugen übernommen. Neben der Wahl der geeigneten Hartstoffschicht muss die Methode zur Kantenbehandlung ebenso an die Anwendung angepasst werden [1] . Allerdings kann selbst die beste Hartstoffschicht ihr volles Potenzial nicht entfalten, wenn die Grundvoraussetzung, eine optimale Haftvermittlung auf dem Substratmaterial, nicht gegeben ist. Vor der Schichtaufbringung darf das Trägermaterial keinerlei Verunreinigungen auf atomarer Ebene aufweisen. Erreicht werden kann dies in Hochvakuum-PVD-Anlagen mittels Glimmentladungsverfahren. Dazu wird ein Plasma vor dem eigentlichen PVD- und/oder PECVD-Prozess direkt im Drehgestell der PVD-Anlage gezündet [2, 3, 4] . Dr. Radek Zemlicka Research Scientist, PLATIT AG Dr. Yuan Li Research Scientist, PLATIT AG Zur Vermeidung der für Glimmentladungsverfahren typisch inhomogenen Materialabtragsraten wurden bereits verschiedene Versuche unternommen [5, 6, 7] . Gegenwärtig verwendete Methoden zur Abschätzung der Plasma-Ätzrate reichen jedoch nicht aus, um die sich daraus ergebende Homogenität hinreichend zu bewerten. Außerdem sind sie nur begrenzt auf Substrate mit ebener Oberfläche anwendbar [6] . Bisher war eine zuverlässige Bewertung der Materialabtragsrate beim Plasmaätzen für die meisten realen Substrate, z. B. Schneidkanten von Dr. Andreas Lümkemann CTO, PLATIT AG Präzisionswerkzeugen, gar nicht möglich. In diesem Artikel möchten wir unseren patentierten 3-D- Plasmaätzindikator vorstellen, der als bahnbrechend für die Darstellung von Plasmaätzprofilen angesehen werden kann. Mit diesem neuen Ansatz lässt sich ein visuelles 3-D-Profil der Plasmaätzleistung auf über mehrere Dutzend Zentimeter großen Oberflächen beliebiger Formen generieren. Dabei besteht die Möglichkeit, ein speziell auf die Substrate (Werkzeuge, Bauteile, …) zugeschnittenes Plasma-Ätzprofil zu erreichen. Um ein solches 3-D-Ätzprofil zu erzeugen, werden die betrachteten Proben (z. B. Schneidwerkzeuge) zunächst mit einer dünnen, transparenten Schicht versehen, die nur eine einzige Interferenzfarbe (z. B. Blau) gleichmäßig reflektiert. Anschließend werden selbige Proben in die Beschichtungskammer eingebracht und der Plasmaätzvorgang einer bestimmten Zeitspanne durchgeführt. Durch das Plasmaätzen wird die anfangs sehr gleichmäßige Inferenzschicht auf der 3-D- Probenoberfläche ungleichmäßig abgetragen. Da die Interferenzfarbe einer dünnen Schicht direkt mit ihrer Dicke zusammenhängt, lässt sich aus der resultierenden Farbe an jedem beliebigen Punkt der Oberfläche die Ätzwirkung an dieser bestimmten Stelle mit einer Auflösung von fünf bis zehn Nanometer bestimmen. Bild 1 stellt eine Skala der Interferenzfarben einer dünnen TiO 2 - Schicht mit der dazugehörigen Dicke dar, die aus der Fachliteratur übernommen wurde [8] . Bild 2 veranschaulicht die Verwendung des 3-D-Ätzindikators an einem Schneidrad zur Herstellung von Zahnrädern. Mithilfe der Skala aus Bild 1 lässt sich somit anhand der Farbänderung nach dem Ätzen eine Verringerung der Interferenzschichtdicke und damit die 3-D-Ätzwirkung auf der gesamten Substratoberfläche ausmachen. Peter Tapp Process Engineer, PLATIT AG Dr. Hamid Bolvardi Business Development Manager, PLATIT AG Bild 1 Skala der Interferenzfarben einer dünnen TiO 2 -Schicht mit der dazugehörigen Dicke [8] . 18 dihw 14 1 · 2022

Werkstoffe Aus dem optischen Vergleich der Ätzprofile der Testproben mit dem HSS-Bohrer ist anzunehmen, dass die ebenflächigen Prüfkörper keine relevanten Informationen über die Ätzwirkung an komplexen 3-D-Proben liefern können. Daher können profilometrische Messungen des Ätzabtrages von teilweise abgedeckten ebenflächigen Proben nicht für 3-D-Proben herangezogen werden und sollten z. B. durch unseren 3-D-Plasma-Ätzindikator ersetzt werden. 2. Wir haben eine Möglichkeit zur Visualisierung von unterschiedlichen Glimmentladungsprozessen erarbeitet, die zu sehr unterschiedlichen Plasma-Ätzwirkungen führen. Bild 2 Ein Schneidrad, das vor dem Ätzvorgang mit einer homogenen Interferenzfarbschicht beschichtet wurde und die daraus resultierende Farbänderung nach dem Ätzvorgang. Die Farbänderung gibt Aufschluss über die 3-D-Ätzwirkung im Plasmaätzen. Bei der Verwendung des 3-D-Plasmaätzindikators haben wir wichtige Informationen über den Charakter von Glimmentladungsparametern erarbeitet, die zur Optimierung der Haftvermittlung von Hartstoffschichten genutzt werden können: 1. Es wurde festgestellt, dass die Ätzratenmessung an ebenflächigen Teststücken für die Einschätzung der Ätzleistung an industriellen Proben mit 3-D-Geometrien nicht relevant ist. Bild 3 zeigt die Beladung einer Chargierebene der PVD-Anlage mit einem HSS-Bohrer, einer dreieckigen Schneidplatte und einer Testronde. Alle drei Proben wurden mit einer homogenen, hellblauen Schicht versehen und anschliessend mit demselben Plasma-Ätzverfahren behandelt. Bild 3B zeigt den Zustand des Bohrers vor und nach dem Ätzvorgang. Dieses Werkzeug wurde ungleichmäßig geätzt. Neben einem deutlichen Materialabtragsgradient von oben nach unten sind auch Rückstände von blauer Farbe an der Schneidkante zu erkennen, die darauf hinweisen, dass dieser wichtige Teil des Werkzeugs nicht ausreichend geätzt wurde. Während bei Messverfahren zur Ätzwirkung auf ebenflächigen Teststücken verschiedene Plasmaparameter nur auf einer eindimensionalen Skala verglichen werden, unterscheidet sich der tatsächliche 3-D-Charakter des Ätzprofils bei verschiedenen Plasmaparametern doch erheblich. Bild 4 veranschaulicht ein Beispiel für drei Werkzeuge, die mit einer homogenen hellblauen, 56 ± 5 nm dicken Schicht beschichtet und anschließend zehn Minuten lang geätzt wurden. Jedes Werkzeug wurde separat unter verschiedenen Argon-Plasma-Ätzbedingungen geätzt, die als B), C) und D) bezeichnet wurden. Bild 4A zeigt ein Werkzeug vor dem 10-minütigen Ätzen. Die Wirkungsweise des Ätzens mit den Parametern B) ist in Bild 4B dargestellt. Es ist zu erkennen, dass zwar die Interferenzschicht an den Schneidkanten vollständig entfernt wurde, aber mehr als 60 % der Interferenzschicht in der Spannut und auf Freiflächen verbleiben. Mit einer Bild 3A zeigt auf der linken Seite die homogene, 56 ± 5 nm dicke hellblaue Farbschicht (siehe Skala in Bild 1) auf zwei unterschiedlichen Proben. Die rechte Seite der Abbildungen stellt diese Proben nach dem Ätzprozess dar. Während die dunkelblaue Farbe in der Probenmitte einer Dicke von 38 ± 5 nm entspricht, wurden die dem Plasma exponierten Kanten der Proben vollständig geätzt. Bild 3 Beladung einer Chargierebene mit einem Bohrer und zwei unterschiedlich geformten Testproben. A) Links: zwei homogen beschichtete Testproben; rechts: selbige Proben nach dem Plasmaätzprozess. B) Bohrer vor und nach dem Ätzvorgang. dihw 14 1 · 2022 19

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