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dihw MAGAZIN 1/2021

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News & Facts Interview

News & Facts Interview Das aktuelle Interview zum Thema: Herausforderung für Unternehmen durch die Corona-Pandemie Jeder kennt das aus dem persönlichen Umfeld, wir kommen mit der Pandemie und den daraus resultierenden Beschränkungen mal mehr und mal weniger gut zurecht. Doch wie geht ein Unternehmen mit der Situation um, die uns nun schon seit einem Jahr begleitet? Wir haben uns in der Branche umgehört und vier Unternehmensvertreter um Antworten gebeten. Das Jahr 2020 war herausfordernd für uns alle. Was ließ sich aus Unternehmenssicht daraus lernen? Gerhard Melcher: Dass persönliche Kontakte sehr wichtig sind, aber nicht alles über aufwendige Dienstreisen erledigt werden muss. Gerhard Melcher Leitung Vertrieb Zerspanung und Marketing bei Boehlerit GmbH & Co. KG Markus Horn Geschäftsführer der Paul Horn GmbH Thierry Wolter: Das zyklische Auf und Ab des Marktes ist an sich keine Neuigkeit. Trotzdem hat uns auch diese Krise wieder neue Erkenntnisse gebracht, um das Unternehmen sicher hindurch zu navigieren und die Bedürfnisse unserer Kunden zu decken. Wir waren diesbezüglich, u. a. in der Digitalisierung, bereits sehr gut aufgestellt und konnten unsere Lieferfähigkeit über die letzten Monate kontinuierlich aufrecht erhalten. Auch der Servicegedanke wurde nochmals geschärft. Unsere Kunden waren dankbar, dass wir sie auch in Zeiten der Pandemie jederzeit unterstützt haben. Mit Live- Tech Pro, unserer Remote-Support-App, die vor Weihnachten im Vereinigten Königreich gestartet ist und bald auch nach Deutschland kommen wird, haben wir jetzt sogar noch einen zusätzlichen Service, der gerade in Zeiten nur eingeschränkt möglicher Kundenbesuche sehr wertvoll ist. Markus Horn: Wir konnten bereits aus der Finanzkrise 2008/2009 viel lernen, was uns in der aktuellen Pandemie geholfen hat. Unsere Lieferfähigkeit war und ist durch COVID-19 zu keiner Zeit beeinträchtigt. Wir verfolgen eine Mehrlieferantenstrategie und können deshalb flexibel auf eventuelle Ausfälle reagieren. Zusätzlich haben wir zur Gewährleistung der Lieferfähigkeit unsere Lagerhaltung an die Situation angepasst. Aufgrund der raschen Verbreitung von COVID-19 und der damit verbundenen Risiken haben wir bereits frühzeitig ein aktives Risikomanagement betrieben. Was wirklich neu war für uns, sind die Tatsachen, dass man nicht mehr zu den Kunden fahren durfte und dass nicht nur in erster Linie der Finanzsektor betroffen war, sondern schlicht und ergreifend jede, jeder und alles. Stefan Zecha: Unvorhergesehene Ausnahmefälle gibt es leider nicht nur im Lehrbuch, sondern können bittere Realität werden und darauf müssen wir uns vorbereiten. Durch den sprichwörtlichen „Wurf in das kalte Wasser“ mussten wir schnell lernen, weitgehend ohne persönliche Kontakte voranzukommen und unsere Arbeitsstrukturen zum Teil neu zu organisieren. Flexible interne Strukturen und ein gut funktionierendes enges Partnernetzwerk zahlen sich hier aus. Dadurch konnten auch einige altbekannte Zöpfe abgeschnitten werden und Prozesse neu gedacht werden. Die digitale Vernetzung nimmt hier einen enormen Stellenwert ein – auch über die Firmengrenzen hinaus. Digitalisierung: In dieser Situation Fluch oder Segen? Gerhard Melcher: In Zeiten der Pandemie ist vor allem in der Kommunikation die Digitalisierung ein Segen durch Videokonferenzen und Webinare. Thierry Wolter: Die Digitalisierung bringt auf der einen Seite eine ganze Reihe von Herausforderungen mit sich, die es zu meistern gilt. Zugleich eröffnet sie uns jedoch auch in der Zerspanung ganz neue Möglichkeiten. Unser Überwachungsund Regelungssystem ToolScope erlaubt nicht nur die Echtzeitkontrolle von Prozess und Werkzeuglebensdauer und verhindert dabei übermäßige Abnutzung und Werkzeugbruch. Funktionen wie der adaptive Vorschub erlauben darüber hinaus eine Verringerung der Bearbeitungszeit von fast 10 Prozent. Wir können also mehr aus unseren Werkzeugen herausholen, ohne ans Zeichenbrett zu müssen. Darüber hinaus sammelt ToolScope eine Vielzahl von Prozessdaten, die sich mittels KI auswerten und zur Prozessoptimierung nutzen lassen. Aktuell läuft ein Pilotprojekt mit einem großen Kunden aus dem 8 dihw 13 · 1 2021

News & Facts Interview Automotive-Bereich, um die Daten aus der Produktion mittels KI auszuwerten und daraus Optimierungsmöglichkeiten abzuleiten. Unser Ziel ist es, dass dies in Kombination mit CAD/CAM-Simulationen in Zukunft bereits ab Losgröße 1 funktioniert. Durch die Krise wurde die Digitalisierung bei CERATIZIT aber auch in der Kommunikation sowohl innerhalb des Unternehmens als auch nach außen massiv vorangetrieben. Präsenzveranstaltungen und Dienstreisen sind in vielen Fällen der digitalen Kommunikation gewichen und wir haben gesehen, dass es auch so sehr gut funktioniert. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnten dadurch in vielen Fällen Zeit gewinnen und kurzfristig resultierte daraus sogar manchmal mehr und regelmäßigere Kommunikation. Eine sehr interessante Neuigkeit war unsere Life-Show „It’s Tool Time“, die sich Zuschauer aus 45 Ländern online angesehen haben. Die Kombination aus Unterhaltung und Informationen über innovative Produkte und Serviceleistungen kam gut an. Wir haben aber auch festgestellt, dass Kontakte von Angesicht zu Angesicht für wichtige Themen letztlich unabdingbar sind. Im Kontakt mit den Kunden bieten die digitalen Vertriebswege derzeit natürlich eine wichtige Möglichkeit, um mit ihnen in Kontakt zu bleiben und weiter Produkte verkaufen zu können. Bei verschiedenen Serviceleistungen führt aber auch hier längerfristig kein Weg am persönlichen Kontakt vorbei. Remote-Support-Lösungen wie unsere LiveTech-Pro-App helfen allerdings dabei, die Lücke zwischen Telefonkontakt und dem persönlichen Besuch kleiner werden zu lassen. Markus Horn: In der aktuellen Diskussion um COVID-19 bezieht sich Digitalisierung vor allem auf das mobile Arbeiten und die Nutzung von Kommunikationssoftware, beispielweise für Videotelefonie. Hier gab es eine spürbare Zunahme aufgrund der durch die Pandemie entstandenen Notwendigkeit. Die Digitalisierung in produzierenden Unternehmen ist getrieben durch das Schlagwort Industrie 4.0 und wird seit Jahren vorangetrieben – selbstverständlich auch bei uns. Im Fokus stehen bei uns vor allem der Vertrieb, das Marketing beispielweise bzgl. ISO 13399 und unsere Produktion. Wichtig ist, dass Digitalisierung immer einen Nutzen schafft. Digitalisierung als Selbstzweck hilft nicht weiter. Stefan Zecha: In diesem Fall eindeutig ein Segen. Trotz wegfallenden Messen, Vertriebsbesuchen und verschiedenen Arbeitsgruppen- und Schichtmodellen wie etwa Home-Office muss ein Wissens- und Kommunikationsaustausch stattfinden. Corona hat somit den Fortschritt bei digitalen Kommunikationsmitteln vorangetrieben und digitale Meetings sind nun ein fester Bestandteil unseres Arbeitsalltags – schnell, unkompliziert und vor allem gesundheitsschützend. Worin besteht aus Ihrer Sicht die größte Herausforderung und wie wird sie gemeistert? Gerhard Melcher: Die Reisebeschränkungen sind die größte Herausforderung derzeit. Durch die vielen Videokonferenzen werden die meisten Themen gemeistert. Neue Themen können aber leider sehr schwierig ohne persönlichen Kontakt abgehandelt werden. Thierry Wolter: Die kontinuierliche Weiterbildung des Personals und das Abholen der Kunden beim Thema Digitalisierung erfordern kontinuierlichen Einsatz und eine ständige Anpassung an die neuesten Entwicklungen. Intern gilt es beispielsweise auch den bereits seit 30 Jahren an der Maschine stehenden Techniker und das Personal in der Verwaltung an die neuen Erfordernisse digitaler Lösungen heranzuführen, um in den internen Abläufen maximal von den Vorteilen digitaler Lösungen profitieren zu können. Die Arbeitsplätze gewinnen dadurch an Qualität und werden interessanter. Zugleich ist eine Weiterqualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter notwendig. Deshalb ist das Thema lebenslanges Lernen aktueller als je zuvor. Gleiches gilt natürlich aufseiten unserer Kunden. Als Lieferant haben wir darüber hinaus jedoch die Aufgabe, unseren Kunden die Vorteile digitaler Lösungen aufzuzeigen und – noch mehr als bei einem klassischen Werkzeug – sie bei der Implementierung zu unterstützen. Ein Produkt wie ToolScope kann eine mächtige Lösung sein. Doch damit der Kunde es optimal nutzen kann, müssen wir ihn entsprechend unterstützen. Ein gutes Produkt zu erfinden und zu entwickeln genügt nicht. Um richtige Mehrwerte zu schaffen, muss man den Kunden auch beim Einsatz begleiten. Markus Horn: Wir als Hersteller von Präzisionswerkzeugen gehören zu einer höchst innovativen Branche. Innovationen fanden seit Beginn der Pandemie im üblichen Umfang statt. Das Thierry Wolter Vorstandsmitglied Ceratizit Stefan Zecha Geschäftsführer der ZECHA Hartmetall- Werkzeugfabrikation GmbH dihw 13 · 1 2021 9

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