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dihw MAGAZIN 1/2021

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Bearbeitungsverfahren

Bearbeitungsverfahren Integriertes Komplettsystem zur robotergestützten Zerspanung großflächiger CFK-Bauteile Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK) finden aufgrund ihrer hervorragenden Leichtbaueigenschaften und der flexiblen Formgebung innerhalb der Herstellung eine wachsende Verbreitung. Ein wesentlicher Vorteil von faserverstärkten Bauteilen liegt in der Möglichkeit, die Konstruktion und Werkstoffarchitektur lastgerecht auszulegen und das Bauteil endkonturnah zu fertigen. Hieraus ergeben sich allerdings weitere erforderliche Bearbeitungsschritte zur endgültigen Fertigstellung im Bereich des Bauteilrandes (sog. Randbeschnitt) sowie zur Funktionalisierung, beispielsweise durch Einbringung von Bohrungen, Taschen oder Aussparungen. Hierfür werden typischerweise spanende Verfahren eingesetzt, die trocken, d. h. ohne den Einsatz von Kühloder Kühlschmierstoffen, ausgeführt werden. Die spanende Bearbeitung von CFK ist jedoch mit bestimmten Herausforderungen verbunden. [1] Das Trennen der sehr harten und abrasiven Kohlenstofffasern verursacht eine große Menge an kleinen Spänen und pulverförmigen Stäuben mit Partikeldurchmessern von teilweise unter 5 µm. Diese Späne und Stäube verbleiben während des Bearbeitungsprozesses vorwiegend in der erzeugten Fräsnut und haben damit mehrfachen Kontakt mit dem Zerspanwerkzeug. Dies führt zur Mehrfachzerspanung des Spanguts, was einen erhöhten Verschleiß der teuren Zerspanwerkzeuge und eine weitere Verkleinerung der Späne zur Folge hat. [2] Ein Großteil der CFK-Späne und -Stäube wird durch die Werkzeugrotation und den Werkzeugdrall beschleunigt und verwirbelt. Die entstehenden Staubaerosole stellen eine Gesundheitsgefährdung für den Menschen dar, da sie abhängig von ihrer Partikelgröße und Morphologie die natürlichen Rückhaltebarrieren des menschlichen Atemtrakts überwinden können. Zudem können sie in Schaltschränke und elektrische Baugruppen eindringen und diese durch die sehr gute elektrische Leitfähigkeit der Kohlenstofffaserbestandteile schädigen. [3] Zur spanenden Endbearbeitung großflächiger CFK-Bauteile wurde am Fraunhofer IPA daher ein vollgekapseltes integriertes Komplettsystem entwickelt und aufgebaut. Die Basis bildet ein Vertikal-Knickarmroboter vom Typ KUKA KR600 R2830F mit Siemens Sinumerik 840D Steuerung, an dessen 6. Handachse eine 16 kW HSD ES951 Frässpindel mit einer maximalen Drehzahl von 24.000 U/min montiert ist (Bild 1). Die mit sechs Achsen ausgestatteten Vertikal-Knickarmroboter, die in der industriellen Praxis aktuell überwiegend für Handhabungs- und Schweißaufgaben zum Einsatz kommen, weisen im Vergleich zu Werkzeugmaschinen ein besseres Arbeits- zu Bauraum-Verhältnis bei geringeren Investitionskosten auf. Zudem wird durch die hohe Flexibilität der Roboterkinematik eine spanende Mehrachs-Bearbeitung großer, komplexer CFK-Bauteile ermöglicht. [4] Für eine verbesserte Spanguterfassung werden die CFK-Späne und Stäube in der Zerspanstelle durch ein neuartiges System, dem MHT-Mediumverteiler ® , aufgewirbelt. Die Funktionsweise des Mediumverteilers besteht darin, Druckluft über spannfutternahe, stationäre Blasdüsen einzuleiten. Die zugeführte Luft legt sich aufgrund des Coandă- Effekts auf die Werkzeugoberfläche und Bild 2: MHT-Mediumverteiler. Bild 1: KUKA KR600 R2830F mit montierter Frässpindel. umhüllt das Werkzeug mit einem Luftschleier (Bild 2), der bis an die Zerspanstelle heranreicht und dort wirkt. Um die Eignung des Mediumverteilers zur Beseitigung der CFK-Hartstoffpartikel aus der Zerspanstelle zu untersuchen, wurden im Rahmen einer Versuchsreihe Nuten mit einem Vorschubweg von jeweils 2,77 m sowohl mit als auch ohne Einsatz des Mediumverteilers in CFK- Platten gefräst (Bild 3). In den Versuchen erwies sich der Mediumverteiler als äußerst effektiv in der Entstaubung der Zerspanstelle. Durch den effektiven Spangutaustrieb aus der Zerspanstelle konnten im Prozess des Taschenfräsens Doppelzerspanung vermieden und Reibung reduziert werden, was einen positiven Effekt auf den Verschleiß der eingesetzten Zerspanwerkzeuge ausübte. So wies das Zerspanwerkzeug, welches mit dem Mediumverteiler im Einsatz war, nur geringe Verschleißmerkmale auf. Das Referenzwerkzeug hingegen, welches ohne den Medienverteiler eingesetzt wurde, ließ starke Ausbrüche an der Schneidkante und Anhaftungen von CFK erkennen (Bild 4). Die am Zerspanwerkzeug festgestellten Anhaftungen in Form von verpresstem, „angeschweißten“ Matrixmaterial sind auf einen unzureichenden Abtransport der Späne zurückzuführen. Hierdurch verbleibt die zur Spanentstehung aufgebrachte mechanische Energie, die fast vollständig in Wärme umgesetzt wird, innerhalb der Zerspanstelle und staut 36 dihw 13 · 1 2021

Bearbeitungsverfahren Bild 3: Taschenfräsen mit (links) und ohne Mediumverteiler (rechts). Bild 4: Verschleiß des Werkzeugs im Neu-Zustand (links), beim Fräsen mit Mediumverteiler (Mitte) und beim Fräsen ohne Mediumverteiler (rechts). Bild 5: Thermische Analyse des Zerspanprozesses mit Mediumverteiler (links) und ohne Mediumverteiler (rechts). dihw 13 · 1 2021 37

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