Aufrufe
vor 2 Jahren

dihw MAGAZIN 1/2021

  • Text
  • Harnischcom
  • Magazin
  • Werkzeug
  • Hohen
  • Rhenus
  • Unternehmen
  • Diamant
  • Bild
  • Einsatz
  • Simulation
  • Dihw
  • Werkzeuge

Werkzeuge B. Denkena, A.

Werkzeuge B. Denkena, A. Krödel, M. Kostka, P. Dzierzawa, F. L. Kempf Durchgängige Simulation der Herstellung und des Einsatzverhaltens sintermetallisch gebundener Schleifscheiben Schleifwerkzeuge werden für eine Vielzahl unterschiedlicher Anwendungen eingesetzt und umfassen daher ein weites Feld an unterschiedlichen Formen und Spezifikationen [1] . Im Bereich von Diamantschleifwerkzeugen heben sich dabei metallisch gebundene Werkzeuge unter anderem durch ihren hohen Verschleißwiderstand und die hohe Wärmeleitfähigkeit von keramisch oder kunstharzgebundenen Werkzeugen ab. Der Herstellprozess von sintermetallisch gebundenen Schleifscheiben hängt dabei stark von der genauen Bindungszusammensetzung und dem Korntyp, der Korngröße und -form sowie der Kornkonzentration ab. Die Prozessauslegung basiert dabei im Wesentlichen auf Expertenwissen, empirischen Kenntnissen und allgemeinen Erfahrungen. Eine ganzheitliche, simulationsgestützte Abbildung der Herstellungsprozesse bis hin zum Einsatzverhalten ist derzeit noch nicht möglich. Die Simulation bietet jedoch das Potenzial, das Herstellungsergebnis genau vorherzusagen und so die Schleifwerkzeugauslegung schneller, kostengünstiger und effektiver zu gestalten. Während einzelne Prozessschritte bei der Schleifwerkzeugherstellung bereits simulativ abgebildet werden können, besteht eine besondere Herausforderung in der Abbildung sämtlicher Fertigungsschritte und deren Verknüpfung untereinander. Dafür müssen zum einen Teilsimulationen aufgebaut werden, welche die Realität möglichst genau abbilden. Für die Simulationen müssen zum anderen geeignete Schnittstellen entwickelt werden, die die relevanten Ausgangsgrößen an die jeweils nächste Teilsimulation übergeben. Prof. Dr.-Ing. Berend Denkena Leiter des Instituts für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen an der Leibniz Universität Hannover Dr.-Ing. Alexander Krödel Bereichsleiter Fertigungsverfahren am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen an der Leibniz Universität Hannover M. Sc. Mateus Kostka Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen an der Leibniz Universität Hannover M. Sc. Patrick Dzierzawa Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen an der Leibniz Universität Hannover Dr. rer. nat. Fabian Leander Kempf Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen an der Leibniz Universität Hannover Da es sich bei dem finalen Produkt um Werkzeuge handelt, sollte bei der Werkzeugauslegung insbesondere auch das Einsatzverhalten berücksichtigt und somit in die simulative Prozesskette eingebunden werden. Eine solche ganzheitliche Betrachtungsweise und Simulation der Prozessschritte wird daher derzeit am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) erforscht und experimentellen Untersuchungen zur Validierung gegenübergestellt. Dabei werden das Mischen, Einformen, Kaltpressen, Heißpressen und Abrichten ebenso wie das Einsatzverhalten im Schleifund Ritzprozess selbst berücksichtigt (Bild 1). In diesem Artikel wird das am IFW entwickelte Simulationsmodell zusammen mit den experimentellen Untersuchungen im institutseigenen Schleifscheibenlabor vorgestellt. Unter dem Link: https://youtu.be/-2KE-zh907Y kann weiterhin ein erklärendes Video abgerufen werden. Im Folgenden werden die einzelnen Prozessschritte sowohl innerhalb der Simulation als auch im Experiment detailliert beschrieben. Im Rahmen dieses Beitrags wird dabei beispielhaft der Prozessablauf bei der Herstellung einer bronzegebundenen Schleifscheibe mit einer Diamantkorngröße D851 und der Kornkonzentration C100 untersucht. Die Wahl dieser Partikelgröße stellt eine verhältnismäßige Kalkulationszeit im Simulationsmodell und die Beobachtbarkeit des Prozesses sicher. Als industrienaher Anwendungsfall für die Schleifuntersuchungen wird das Schleifen von Hartmetall gewählt. Rohstoffe Die Herstellung von Schleifwerkzeugen beginnt mit der Bereitstellung und Charakterisierung der notwendigen Rohstoffe. Als Schleifkorn werden dabei im 20 dihw 13 · 1 2021

Werkzeuge vorliegenden Fall blockige Diamantkörner eingesetzt, die eine einheitliche Partikelform aufweisen und folglich in der Simulationen durch ein für alle Schleifkörner gleiches Modell abgebildet und dadurch simplifiziert werden können. In diesem konkreten Fall weisen die Körner die Form eines Oktaederstumpfs auf. Als Bindungspulver wird ein grobes Bronzepulver der Zusammensetzung 89 m% Kupfer und 11 m% Zinn verwendet, das hauptsächlich aus α-Bronze besteht. Das Bindungspulver wurde durch Gasverdüsen gewonnen und weist eine sphärische Form auf. Die Größe wurde ähnlich der Schleifkorngröße gewählt und auf 800 µm bis 1.000 µm gesiebt. Eine gleiche Größe der Diamantkörner und Bronzepartikel führt zu besseren Mischergebnissen und geringeren Entmischungseffekten. Durch die vergleichsweise hohe Partikelgröße wird ein besserer Abgleich zwischen den simulierten und den experimentell ermittelten Größen ermöglicht. Mischen und Einformen Im Anschluss an die Charakterisierung der Rohstoffe wird der Mischprozess untersucht. Dabei wird ein Turbula Mischer vom Typ T2F der Firma Willy A. Bachofen bei variablen Drehzahlen und Zykluszahlen eingesetzt. Die Ergebnisse der entwickelten Mischsimulation werden dann den experimentellen Ergebnissen gegenübergestellt. Die Rohstoffmischung aus Bindung und Schleifkorn wird zunächst in einem Polypropylengefäß (HDPP) eingewogen und mit dem Turbula Mischer gemischt. Die Mischkinematik wurde für die spätere Simulation aus den ausgemessenen Ankerpunkten des Turbula Mischers mithilfe eines CAD-Modells abgeleitet und zeichnet sich durch eine Kombination von Translation und Inversion aus. Die Mischgeschwindigkeit kann über ein variables Riemengetriebe eingestellt werden. Für den Vergleich zwischen Experiment und Simulation werden zylindrische Probekörper mit einem Durchmesser von 22 mm und einer Höhe von 5 mm hergestellt. Das dafür benötigte Pulver wird in einem zylindrischen Mischbehälter mit einem Innendurchmesser von 26,5 mm und einer Höhe von 30 mm gemischt. Die Kornkonzentration wurde mit 25 V% im dichtgesinterten Probekörper eingestellt. Für das Mischen werden Drehzahlen der Antriebswellen des Turbula Mischers von 26 1/min, 52 1/min und 100 1/min bis zu einer Zykluszahl von 20 untersucht. Experimentell wird die Partikelverteilung in Abhängigkeit der Zykluszahl auf der Oberfläche des Mischbehälters mit einer Spiegelreflexkamera aufgenommen. Die Mischexperimente für einzelne Probekörper werden für 5, 10 und 20 Umdrehungen jeweils viermal durchgeführt, um eine statistische Absicherung der Ergebnisse zu ermöglichen. Auf diese Weise wird die Frühphase, Mittelphase und Spätphase des Mischprozesses abgebildet. Die Versuchsbedingungen werden anschließend mit dem Simulationsmodell nachgebildet und mit den experimentellen Ergebnissen verglichen. Der Mischprozess wird mit der Software LIGGGHTS ® -PUBLIC simuliert, die eine Modellierung von Partikelwechselwirkungen, die Abbildung der Mischkinematik und die Einstellung der Mischgeschwindigkeit und Mischzeit ermöglicht. Die Modellierung der Partikelbewegung erfolgt dabei mit der Diskrete-Elemente-Methode, der eine zeitdiskrete Auswertung der Newton'schen Bewegungsgleichungen zugrunde liegt. Während des Kontaktes wird das Hertz Mindlin Kontaktmodell angewendet, das Reibung, Elastizität und Dämpfung berücksichtigt [2] . Bei der Simulation des Mischprozesses können verschiedene Aspekte angepasst werden. Ausgegangen wird dabei von der Zusammensetzung des Mischguts sowie den Partikelgrößen und -formen seiner Bestandteile. Die Grundlage für das eigentliche Mischen stellen die Rahmenbe- Bild 1 Modellierung der Prozesskette zur Herstellung metallisch gebundener Schleifwerkzeuge. dihw 13 · 1 2021 21

Wählen Sie die gewünschte Fachzeitschrift

fng MAGAZIN - Food · Nonfood · Getränke · Tobacco